Unsere politischen Forderungen

Wir fordern die Politik auf, endlich wirksam gegen Immobilienspekulation vorzugehen!

In Berlin und in allen anderen Städten geraten Mieter/innen immer stärker unter Druck. Der „Wohnungsmarkt“ wird in Deutschland von einigen großen Immobilien-Konzernen dominiert, die gewissenlos und mit Blick auf die Aktienentwicklung Profit aus den Wohnungsbeständen pressen. Kleine Investoren fühlen sich vom aggressiven Vorgehen der großen Player ermutigt und machen ebenso Druck – oft mit einer persönlich drohenden Komponente. Die Politik hat dem Geschehen jahrelang zugeschaut und sich über die „Marktentwicklung“ gefreut, weil durch den Preisanstieg auch vermehrt Steuern in die öffentlichen Kassen gespült werden. 

Wir können diese politische Untätigkeit nicht länger hinnehmen:
Wir fordern alle Verantwortlichen und alle Parteien auf, sich für die Interessen von Mieter/innen einzusetzen. 85 % der Berliner/innen sind Mieter/innen – machen wir als Wähler/innen Druck auf die Politik!

Bizim-Kiez-fordert-Schutz

Besonders sogenannte Alt-Mieter/innen, also Menschen, die schon sehr lange in einer Wohnung leben oder lange einen Laden bewirtschaften, sind für die Immobilienwirtschaft ein Profithemmnis.

Da z.B. in Berlin der Druck auf den Wohnungsmark zunimmt und die Mieten bei Neuvermietung extremen Steigerungsraten unterliegen, sind profitorientierte Investoren darauf aus, Alt-Mieter/innen loszuwerden. Nur so kann mit dem Wohnungsbestand ordentlich Kasse gemacht werden.

Die Bundespolitik hat mit der Förderung der „energetischen Sanierung“ zudem den Investoren alle Türen geöffnet. Eigentlich sollte das Anschub geben, dass im großen Stil Häuser energetisch modernisiert werden, und damit Deutschland den hochgesteckten Klimazielen näher kommt. Tatsächlich können aber beliebige Luxus-Modernisierung mit der „Proforma-Energiesanierung“ gekoppelt werden. Dies können Investoren gegen den Bedarf der Mieter/innen durchsetzen und sie können sogar die Kosten der ganzen Baumaßnahmen auf die Mieter/innen umlegen und dadurch noch die Miete extrem erhöhen (weil bei Kopplung an energetische Sanierung die Mietpreisbremse und andere Regularien nicht greifen). Diese Art der staatlichen Förderung ist ein Skandal! Steuerfinanziert wird so sozialer Druck auf Bestandsmieter/innen ausgeübt.

Gegen diese staatlich geförderte Investorenpraxis muten alle bestehenden Schutzkonzepte schwächlich an. In Berlin gibt es den sogenannten „Milieuschutz“, der allerdings nur als Bauverordnung konzipiert ist und extreme bauliche Veränderungen verhindern soll.
Zwar wurde der Milieuschutz mittlerweile intensiviert und mit Auflagen wie z.B. der Genehmigungspflicht und damit der besonderen Prüfung  der Umwandlung von Mietshäusern in Eigentumswohnungen ausgestattet, aber auch diese Verordnung hat viel zu viele Schlupflöcher. Abhilfe kann der zwangsweise Ankauf von Häusern durch den Bezirk bringen, doch auch hier sind viele Auflagen zu erfüllen und eine nur zweimonatige Frist für den Vorkauf macht den Prozess sehr zweifelhaft.

Vollkommen schutzlos sind dem Marktdruck die Mieter/innen von Gewerbeflächen ausgesetzt. So können Läden, die den Bedarf der Anwohnerschaft decken, soziale Einrichtungen wie Kitas, Jugendclubs oder Seniorentreffs innerhalb von kürzester Zeit aus den Kiezen verdrängt werden.


Aktiver Schutz vor Verdrängung

Unsere Nachbarschaftsinitiative versucht im Wrangelkiez gegen alle zerstörerischen Einflüsse der Gentrifizierung anzugehen. Unser Viertel Kreuzberg gilt bei der Immobilienwirtschaft als besonders lukrativ, denn hier sind die Bestandsmieten oft noch relativ niedrig, die Neuvermietungsmieten aber mit die höchsten in der ganzen Stadt. D.h. die Differenz, die sich erwirtschaften lässt, wenn Bestandsmieter*innen verdrängt werden, ist besonders hoch. Darum rechnet es sich für die Immobilienfirmen auch mit aggressiven Mittel vorzugehen – Anwalts- und Gerichtskosten sind genauso eingepreist, wie Kosten für Abfindungen und Zwangsräumungen. Es wird jede Möglichkeit genutzt, Menschen zu verdrängen und die Möglichkeiten sind vielfältig:

Modernisierungen gekoppelt an energetische Sanierungen funktionieren als Brechstangen zum Aushebeln von alten Mietverträgen. Mit Duldungsklagen werden Preissteigerungen von bis zu 400% durchgesetzt. Wir brauchen in Milieuschutzgebieten das Aussetzen der Energieeinsparverordnung. Es gibt keine umweltpolitische und auch keine wirtschaftliche Erklärung dafür, dass die Gesellschaft solche Preisexplosionen über KfW-Mittel fördern sollte. Hier wird mit Steuergeldern sozialer Druck in den Kiezen ausgeübt und das muss gestoppt werden.

Überhaupt muss Milieuschutz mehr sein, als eine schwammige Bauverordnung. Die Verordnung bietet reihenweise Ausnahmemöglichkeiten, die Investoren (besonders Wohnungsbesitzern) beinahe alles ermöglichen. Außerdem scheuen sich die Behörden möglicherweise gegebene Einsprüche und Ablehnungen durchzusetzen, weil auch die Ämter sich vor Klagen fürchten. So zahnlos agieren unterbesetzte Ämter unter Sparzwang. Es braucht mehr Personal und Kompetenz in den fraglichen Stellen – wir brauchen Rechtsabteilungen auf den Ämtern, die sich trauen, die Leitlinien hart auszulegen.

Die Wohnungsaufsicht kann und muss verschärft werden. Im Prinzip kann das Modell aus Nordrhein-Westfalen übernommen werden. Das kostet nichts und Eigentümer können zielgerichtet dazu gebracht werden, Wohnraum instand zu halten, wodurch auch der Spekulation ein Riegel vorgelegt werden kann.

Im Bereich der Gewerbemieten gibt es gar kein Halten, denn es wird davon ausgegangen, dass die kleinen Handeltreibenden gleichwertige Verhandlungspartner gegenüber den mächtigen Immobilienkonzernen seien, denen die Häuser gehören.
Natürlich ist dies nicht der Fall. Darum brauchen wir auch im Gewerbebereich einen verbindlichen Mietspiegel aller aktiven Mieten – nicht nur der Neuvermietungen.

 

Politische Forderungen von Bizim Kiez
(Stichpunktartige Sammung)


Milieuschutz muss mehr als nur eine Bauverordnung sein

  • Umkehren der Genehmigungspraxis:  Nicht mehr „es kann widersprochen werden“, sondern „es kann nicht genehmigt werden, außer es gibt soziale Begründung“
  • Bezirke müssen die Hoheit über die Ausgestaltung dieses Schutzes bekommen und müssen ihn mit starker Bürger*innenbeteiligung aufsetzen.
  • Wissenschaftliches Feststellen des „Wertes“ oder des „Nutzens für den Sozialraum“ einer Einheit (z.B. für einen Laden mit einer bestimmten vorhandenen Nutzung).
    + Bei hohem Nutzen besteht mehr Schutz, als bei niedrigem Nutzen.
    + Auswirkung auf mögliche Mietenanpassung (bei hohem Nutzen kann die Miete nur minimal angehoben werden, oder muss öffentlich subventioniert werden – ähnlich wie bei Kultureinrichtungen)
  • Schlupflöcher in der Umwandlungsverbotsverordnung im Milieuschutz schließen
    + Die 7-Jahre Ausnahmeregelung muss komplett gestrichen werden, denn sie ist zum Regelfall geworden
  • Schutz von anwohner*innennaher sozialer Infrastruktur errichten
    + Kita, Jugendclub, Stadtteiltreff, Seniorentreff dürfen nicht als „normale gewerbliche Nutzung“ aufgefasst werden

EnEv (Energieeinsparverordnung) muss zum Schutz der „Sozialen Stadt“ ausgesetzt werden

  • Ansatz: Begründung für das Gesetz ist nicht erfüllt. Die EnEV wirkt energetisch klar kontraproduktiv, sobald man eine Gesamt-Energiebetrachtung macht (einschließlich Erzeugung- und Entsorgungsaufwänden).
  • Neue Regelung so: Energetische Sanierung nur noch möglich, wenn sich Wirtschaftlichkeit für Mieter*innen in 10 Jahre ergibt.
  • Feststellung der Wirtschaftlichkeit durch geprüfte Gutachter und reale Konsolidierung nach 10 Jahren (nach Ablauf der Umlagefrist). Bei Unwirtschaftlichkeit für die Mieter*innen wird rückerstattet.
  • Mehrfachumlagen verhindern – z.B. bei falscher Dämmung, kann auch die Entsorgung und Neuverdammung wieder auf die Mieter*innen umgelegt werden.
  • Nach Ablauf der Umlagefrist (10 Jahre) müssen die Umlagekosten wieder von der Miete abgezogen werden
  • Umlageanteil für Mieter*innen muss deutlich gesenkt werden (z.B. 7 % auf 10 Jahre)
  • Eventuell EnEV innerhalb von Milieuschutzgebieten ganz aussetzen.

Bei Unterlassung von Instandsetzungspflicht durch den Vermieter müssen Mieter*innen notwendige Maßnahmen einklagen können.

  • Außerdem dürfen Instandsetzungsmaßnahmen nicht als Modernisierungsmaßnahmen umgelegt werden.

Rekommunalisierung von Wohnhäusern betreiben und neu untern geänderten Vorzeichen organisieren

  • Frist fürs Erklären der Ankaufsabsicht durch Bezirk zu Gunsten Dritter muss deutlich verlängert werden (z.B. 6 Monate)
  • Auf Landesebene muss ein Fonds ausschließlich zum Zwecke des Ankaufs von Häusern aufgebaut werden.
  • Als Trägerinnen der Häuser sollten Mieter*innen-Hausvereine gegenüber den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften bevorzugt werden, oder zumindest eine gleichgestellte Chance haben
  • Regelankauf von Mietshäusern, die über Zwangsversteigerungen veräußert werden

Realer Mietenspiegel muss erhoben werden für Wohnmieten und Gewerbemieten

  • Alle aktiven Mieten müssen erfasst werden – nicht nur Mieten für Neuvermietungen
  • Die ortsübliche Vergleichsmiete muss kleinräumig erhoben werden (auf Ebene der
    „Kieze“)

Integration der Stadtpolitischen Initiativen in den politischen Entscheidungsprozess

  • Eine Dachstruktur zur Verbindung und Koordination der Berliner Mieter*innen- und Stadtteil-Initiativen sollte vom Land gefördert werden.
  • Einrichtung einer Kommunikationsstelle, die frühzeitig in Planungsprozesse einbezogen wird und Stimmrecht für Anwohner*innen geltend machen kann

Veränderung der Prozesse zur Mitbestimmung bei Planungsverfahren

  • Die Bürger*innenbeteiligung muss schon vor der Planung erfolgen, damit Bedarfe frühzeitig einfließen können.
  • Öffentliche Finanzierungen können nur beantragt werden, wenn sichergestellt ist, dass vor der Planung eine aktive Bürger*innenbeteiligung stattfand und während des Projektes weiterhin bestehen bleibt.

Temporäre Untervermietung von Wohnungen und einzelnen Zimmern darf kein Kündigungsgrund mehr sein.

  • Von den Menschen wird immer mehr Flexibilität und Mobilität eingefordert, aber das Mietrecht entspricht dieser neuen gesellschaftlichen Realität absolut nicht.
  • Anpassung der Zweckentfremdungsverbotsverordnung, so dass sie sich zielgenau nur gegen das gewerbsmäßige Anbieten von Ferienwohnungen in Privatwohnungen richtet, und Menschen die in prekären Verhältnissen auf Untervermietungen angewiesen sind schont.

Drastische Erhöhung der Besteuerung von Ferienwohnungen.

  • Die Einnahmen können für den Ankauf von Mietshäusern verwendet werden (fließen in den Fonds). > Touristen finanzieren die Rekommunalisierung

 Schließ dich unseren Forderungen an!

Mit diesen Forderungen wollen wir nicht nur unseren Kiez – Bizim-Kiez – sondern Menschen in allen Städten vor der Willkür der Immobilienwirtschaft schützen. Wir haben deutlich erkannt, daß es  strukturelle Probleme sind, die schon seit Jahren die Misere heraufbeschworen haben. Darum arbeiten wir auch überregional daran Schutzmaßnahmen für Kieze und Stadtquartiere zu erreichen und Mieter/innen-rechte zu stärken. Diese Bewegung wächst – verbreitet sie weiter!

Bereits im Jahr 2015 haben sich fast 10.000 Menschen dazu bekannt
Petition 2015.


Auch das Stadtpolitische Hearing am 2. November 2016 in Bizim-Kiez, auf dem diese politischen Forderungen ebenso präsentiert wurden, hat bestätigt wie stark die ganze Stadt unter Druck steht und wie sich überall Initiativen herausgebildet haben und weiterhin bilden,  die gewillt sind sich für die „Soziale Stadt“ und eindeutig gegen Verdrängung zu engagieren.


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Ein Kommentar zu “Unsere politischen Forderungen

  1. Gabriela Maria

    Wohnen ist Lebensrecht!
    Zwangsräumungen: unwürdig, bedrohlich, unethisch!
    Zwangsräumungen verbieten!
    Leben wir im 21. Jahrhundert oder im Frühkapitalismus……!?