Berlin, 31.10.2023 – Seit über 40 Jahren besteht die Gemeinschaftspraxis am Schlesischen Tor (ehem. Praxis Hahn/MacLean). Die Gemeinschaftspraxis, eine alt-eingesessene allgemeinmedizinische Hausarzt- und suchtmedizinische Schwerpunktpraxis in Kreuzberg, soll zum 01.01.2024 ihre Praxisräume in der Köpenicker Straße 1 verlieren. Foto: Metin Yilmaz/Bizim Kiez

Bei allen miesen Meldungen bezüglich des Berliner Immobilien‚marktes‘ mag man abstumpfen, aber immer wieder gibt es Nachrichten, die einfach nur schockieren. Dies ist so eine: Die Gemeinschaftspraxis Schlesisches Tor soll zum 01.01.2024 ihre Praxisräume in der Köpenicker Straße 1 verlieren. Eine Hausarztpraxis, die seit 40 Jahren für die Menschen in der Nachbarschaft, und darüber hinaus, erste Anlaufstelle für gesundheitliche Fragen ist. Eine Praxis, die für die älteren Menschen in der Umgebung Hausbesuche macht. Eine Praxis, die auch Menschen ohne Krankenversicherung und ohne Papiere behandelt. Und eine Praxis, die als Substitutionspraxis für drogenabhängige Menschen – von denen es in den Kiezen um das Schlesische Tor und den Görlitzer Park aktuell sehr viele gibt – überlebensnotwendig ist. Das alles darf nicht verlorengehen!

Was ist passiert?

Die Praxis hat einen Gewerbemietvertrag, der immer wieder erneuert wurde, zuletzt um 10 Jahre. Nun läuft er zum Jahreswechsel aus. Deshalb fragte das Praxisteam schon vor fast zwei Jahren die damaligen Eigentümerin der Immobilie – eine GmbH mit Sitz in Berlin – nach einem neuen Mietvertrag. Seitdem wurde die Praxis immer wieder vertröstet. Und schließlich kam im August 2023 eine Email, in der ein neuer Mietvertrag abgelehnt wird. Allerdings kam diese Mail nicht mehr von der GmbH in Berlin, sondern von einer gleichnamigen SARL mit Sitz in Luxemburg. Nachforschungen der Praxis haben ergeben, dass auch die Geschäftsführung der Firma neu ist. Vermutlich ist also die Berliner GmbH schlicht gekauft worden. Und diese neue Geschäftsführung reagiert auf Anfragen nicht. Man darf sicherlich zu Recht annehmen, dass die Investoren im Steuerparadies Luxemburg die Flächen der Praxisgemeinschaft mit maximalen Gewinnen verwerten wollen.

Wir fordern:

Die gesundheitliche Versorgung von 5000 Patient*Innen in Kreuzberg darf nicht für das Profitinteresse einiger Weniger geopfert werden. Die Bezirks- und Landespolitik muss alles unternehmen, um die neuen Eigentümer zu einem Vertragsabschluss mit der Praxisgemeinschaft zu bewegen. Und: Die Bundespolitik muss endlich das Gewerbemietrecht anpassen, damit wichtige soziale Einrichtungen wie Kitas, Jugendzentren, Sportvereine oder Arztpraxen nicht mehr dem Verwertungsdruck zum Opfer fallen!

Unterstützt die Kiezpraxis!

Kommt zum Aktionstag der Praxis, am Mittwoch 22.11.2023 von 15:00 bis 17:00 Uhr vor dem Haus Köpenicker Str.1, 10997 Berlin – direkt am Schlesischen Tor!

Weiter geht der Protest am Samstag 25.11. 2023 um 16:30 Uhr bei der Bizim-Kiez-Laternendemo: Zusammen werden wir zum solidarischen Kiezdrachen gegen die Verdrängung unserer sozialen Infrastruktur – Kiezpraxis, Kitas, kleine Läden und unsere Nachbar*innen müssen bleiben!

Unterschreibt und teilt die Petition für den Erhalt der Praxis auf Open Petition!

Medienstimmen zum Thema:

• taz, 6.11.2023: Drogenkiez in Kreuzberg: Investor will Suchtpraxis loswerden
  Ein Ärz­t*in­nen­team am Schlesischen Tor in Kreuzberg behandelt auch und vor allem Menschen mit Drogensucht. Nun soll die Praxis nach 40 Jahren raus.
• nd, 6.11.2023: Berliner Kiezpraxis in Kreuzberg vor dem Aus
  Der Mietvertrag einer vor allem für Suchttherapie bekannten Praxis in Kreuzberg wird nicht verlängert
• Morgenpost , 7.11.2023: VERDRÄNGUNG – Weniger Drogenhilfe in Kreuzberg, welche Folgen das hat: Eine Praxis für Suchtkranke nahe dem Görlitzer Park soll schließen. Experten warnen vor dem, was jetzt droht.