Zur Demo: Vorkaufsrecht retten – Versprechen nicht brechen!

Frage: Ist es okay, Mieter*innen in Häusern nicht zu schützen, wenn der Preis zu hoch ist?

NEIN! Es geht eben nicht nur um Wirtschaftlichkeit, sondern um Solidarität!

Wenn heute bewohnte Mietshäuser zu Spitzenpreisen verkauft werden, gewinnen nur Menschen, die eh schon richtig viel Geld haben. Alle anderen werden entweder verdrängt oder müssen lange dafür bezahlen! Diejenigen, die hier helfen Mieter*innen zu schützen, verdienen alle Unterstützung.

Mit dem bezirklichen Vorkaufsrecht, das in Milieuschutzgebieten gegeben ist, können die Bewohner*innen in Mietshäusern geschützt werden, wenn ihr Haus verkauft wird. Der Bezirk kann einem renditenorientierten Investor auferlegen, dass er keines der üblichen verdrängenden Mittel anwenden darf. Z.B. Luxussanierung werden in einer sogenannten „Abwendungsvereinbarung“ in der Regel für eine Zeit von 20 Jahren ausgeschlossen. Lässt sich der Investor darauf nicht ein, belegt er damit quasi deutlich, dass er vor hat, schnell Rendite mit dem Haus zu machen. Der Bezirk kann das Haus dann einem Dritten geben, also einem Unternehmen, das diese Auflagen erfüllt, die dem eigentlichen Käufer als Bedingung für die Zustimmung zum Kauf genannt wurden. Das Problem ist aber, dass das einspringende gemeinwohlorientierte Immobilienunternehmen, den gleichen Preis bezahlen muss, der auch vom renditenorientierten Investor geboten wurde. Das bezirkliche Vorkaufsrecht wird eben zum Marktpreis ausgeübt und das ist eine extreme Belastung für diejenigen, die das Haus übernehmen unter der Maßgabe die Mieter*innen zu schützen.

In den letzten Monaten hat nun die neu gegründete DIESE eG Häuser über das bezirkliche Vorkaufsrecht angekauft, weil der Genossenschaftsvorstand sagt, wir dürfen die Menschen in diesen Häusern nicht den Marktkräften zum Fraß vorwerfen. Genau das passiert aber, wenn der Staat (Bezirk, Land und landeseigene Wohnungsunternehmen) die Chance hätten, die Mieter*innen zu schützen, dies aber nicht tun, weil es ihnen nicht „wirtschaftlich“ erscheint. D.h. der Staat kommt genau dann nicht seinen selbst gesetzten Zielen des Milieuschutzes nach, wenn ganz offensichtlich ist, dass der Schutz am dringendsten notwendig wäre und begründet das damit, dass er beim Schützen kein Geld verdienen könne. Der Schutzmechanismus versagt also genau immer dann, wenn die Verkaufspreise extrem hoch sind, und die Käufer natürlich anschließend enormen Verdrängungsdruck auf die Mieter*innen ausüben werden, um ihr Geschäft möglichst lukrativ zu gestalten. Das heißt: Diejenigen, die am meisten Schutz brauchen bekommen ihn gerade nicht.

Das Konzept der DIESE eG ist also ein Rettungskonzept für Mieter*innen in einem ungünstig gesetzten Rahmen. Die Genossenschaft versuchen das auszugleichen, über die Langfristigkeit der Finanzierungen, hohe Genossenschaftsanteile für die Mieter*innen, die zum großen Teil (zu 70%) Genossenschenschaftler*innen werden müssen, und auch durch freiwillige (oder solidarische) Mieterhöhungen in den Häusern. Aber auch mit diesen enormen finanziellen Belastungen für die Menschen in den Häusern und weitere solidarisch einsteigenden Genossenschaftler*innen, die gar nicht in den Häusern wohnen, reicht es nicht, die hohen Preise zu stemmen. Es braucht auch einen Zuschuss des Landes!

Die landeseigenen Wohnungsunternehmen bekommen so einen Zuschuss – direkt vom Finanzsenator –, wenn sie über das bezirkliche Vorkaufsrecht einspringen. Dass dieser Zuschuss in gleicher Höhe (10% des Kaufpreises) nun auch für Genossenschaften ausgezahlt werden kann, hat das Parlament richtiger Weise beschlossen, aber dies soll nicht gelten für Häuser, die schon vor diesem Beschluss per Vorkaufsrecht an Genossenschaften gegangen sind. D.h. da werden jetzt die Bewohner*innen von drei Häusern einfach geopfert und das ist ein Skandal! Denn es erscheint von Außen doch wie ein rein parteipolitischer Hickhack, der hier auf dem Rücken von Mieter*innen ausgetragen wird.

Es geht konkret um Mieter*innen von über 100 Wohnungen in den Bezirken Friedrichshain-Kreuzberg und Tempelhof-Schöneberg und darum sind die grünen Baustadträte Florian Schmidt und Jörn Oltmann vorgeprescht und haben mit diesen Menschen politischen Druck aufgebaut. Der Senat sollte zum schnellen Handeln gebracht werden, denn in der gesamten Stadt fallen ständig Mieter*innen wegen sehr hohen Verkaufspreisen der Häuser durch das Auffangsystem des Milieuschutzes. Das sollte endlich aufhören und mit der DIESE eG war ein Unternehmen bereit, in Vorleistung zu gehen. Die Genossenschaft sagte die Übernahme der Häuser zu, obwohl die Freigabe für Landeszuschüsse noch nicht abschließend organisiert war. Der Finanzsenator Kollatz und die Fachpolitiker*innen hatten bereits zugesagt, aber der Hauptausschuss des Parlaments musste erst noch tagen. Wie wir jetzt wissen, hat dieses „Druck-machen“ über konkrete Fälle dazu geführt, dass die Beschlüsse des Landesparlaments gefasst wurden, und das Land inzwischen auch an Genossenschaften Zuschüsse gibt. Also Ende gut, alles gut? Leider nein: Teile der SPD-Fraktion weigern sich, dieses neue Werkzeug auch für die Rettung der Menschen anzuwenden, die kurz vor dem Beschluss unter Druck gerieten. Damit soll den forschen grünen Bezirkspolitikern deutlich gemacht werden, dass stets die richtige Reihenfolge einzuhalten ist: Erst auf Landesebene beschließen, dann im Bezirk handeln.

Man hat den Eindruck, in der SPD herrscht so eine Verzweiflung darüber, dass bei Umfragen nicht einmal der recht ordentlich gelungene Mietendeckel (sofern man das vor der Prüfung durch das Verfassungsgericht überhaupt sagen kann) auf das Konto der Berliner SPD einzahlt – es war doch ihre Idee! –, dass sie jetzt eifersüchtig innerhalb der Koalition um sich schlagen. Dabei verkennen sie aber, dass sie auf diese Weise alles noch viel schlimmer machen. Es ist genau diese SPD, der niemand abnimmt, dass sie sich für Mieter*innenrechte einsetzt, wenn ihr offensichtlich wichtiger ist, einen der Symbolpolitiker für das RRG-Koalitionsprojekt auf Bezirksebene eins auszuwischen. Wer glaubt, die SPD hätte im nächsten Wahlkampf bessere Chancen, weil der grüne Florian Schmidt in Friedrichshain-Kreuzberg geschwächt oder abgesägt wird, hat nicht verstanden, was der Wähler*innenauftrag an diese Koalition bisher ist. „Macht endlich effektiv miteinander progressive linke Politik für diese Stadt!“ Und diejenigen, die in diesen drei Parteien glauben, sie sollten Wahlkampf auf Kosten der anderen Koalitionspartner machen, der schadet dem Gesamtprojekt. Auf innerkoalitionären Zwist wartet die AfD nur – er wird ganz sicher bei ihnen einzahlen.

Es mag erstaunen, dass eine Stimme aus den stadtpolitischen Mieter*inneninitiativen so argumentiert, aber als Mitglied von mehreren Initiativen in Kreuzberg ist mir sehr deutlich: Wir können uns jetzt keine Schlappe leisten im Kampf gegen die Immobilienwirtschaft. Das Vorkaufsrecht als letztes Mittel der Marktdämpfung, darf nicht geschwächt werden, sondern wenn es drauf ankommt – und es kommt eben in den teuren Fällen darauf an –, muss es ausgeführt werden können. Auch rückwirkend! Dabei sollten wir aber nicht verkennen, dass wir eigentlich eine Regelung brauchen, die den Kaufpreis tatsächlich absenkt. Das darf bisher nur geschehen, wenn der Kaufpreis deutlich über dem marktüblichen Umfeld liegt. In einem sich ständig weiter hochschaukelnden Markt, sind das aber im Zweifel eben nur neue Spitzenwerte mit einem nachziehenden Preisniveau. Der Staat macht sich hier zum Garanten für leistungslose sowie risikolose Spekulationsgewinne und das kann nicht der Sinn des Milieuschutzes sein. Hier müssen dringend die Rahmenbedingungen geändert werden, so dass die Anwendung des bezirklichen Vorkaufsrechts auch wirklich zur Umsetzung der Ziele des Milieuschutzes dienen. Das kann gelingen, wenn die Häuser nicht zu den Höchstpreisen des Marktes übernommen werden müssen, sondern wenn der Ertragswert herangezogen wird. Also der Wert, der mit den Mieten der Bestandsmieter*innen erwirtschaftet werden kann.

Und den auf Rendite getrimmten Verkäufern darf es auch ruhig ein bisschen weh tun.


Am Sonntag, 24.11. wird um 15:30 Uhr eine Demo »Vorkaufsrecht retten – Versprechen nicht brechen!« stattfinden. Sie geht von der Senatsverwaltung für Finanzen rüber zum Roten Rathaus

Aufruf zu Demo und Infos …

Presseecho:

Die Demo wurde in einigen Medien aufgegriffen:

In der Folge wurde auf politischem Parkett intensiv über eine „Rettung der DIESE eG verhandelt. Letztlich wurde eine Einigung erzielt. Dazu erschienen eine Reihe von Artikeln (u.a.):