Wohnraumförderfonds und kommunales Vorkaufsrecht
Das Beispiel Wrangelstr. 66 hat gezeigt wie schwierig es ist das kommunale Vorkaufsrecht tatsächlich umzusetzen. Vor allem ist es auch eine Frage der Zeit. Binnen acht Wochen (2-Monatsfrist) muss alles unter Dach und Fach gebracht werden. Da dem Bezirk selbst kein Ankaufvermögen zur Verfügung steht, müssen schnellstens Dritte (z.B. öffentliche Wohnbaugesellschaften) als Käufer gefunden werden. Im Fall Wrangelstr. 66 konnte dies in letzter Minute unter Anstrengung aller engagierten Beteiligten realisiert werden. Es war das erste Mal, dass einem privaten Investor im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg eine Immobilie direkt aus der Hand genommen wurde. Der Präzedenzfall also. Wichtig ist dabei jedoch auch die Abschreckung, die sich daraus ergibt – die praktische Demonstration, dass dieses Instrument des Milieuschutzes tatsächlich ernsthaft und konsequent eingesetzt wird. Die Praxis in München oder Hamburg, die Städte in denen das Vorkaufsrecht schon länger praktiziert wird, hat gezeigt, dass in vielen Fällen der tatsächliche Ankauf nicht notwendig ist, denn allein die Androhung der Anwendung des Vorkaufrechtes führt im Vorfeld der Verhandlungen oft zu sogenannten Abwendungsvereinbarungen, in denen der Eigentümer sich u.a. zu bestimmten sozialen Vorgehensweisen gegenüber den Mietern verpflichtet.
Es ist offensichtlich geworden, dass die 2-Monatsfrist sehr unrealistisch, ja fast eine Farce ist. Stünde dem Bezirk jedoch direkt ein Vermögen, ein Fonds zur „Pufferung“, zur Verfügung um sich akuter Fälle anzunehmen, so könnte kurzfristig im Rahmen des Milieuschutzes reagiert werden und ernsthaft mit dem Vorkauf gedroht werden bzw. dieser temporäre Vorkauf tatsächlich schnell durch den Bezirk durchgesetzt werden, sofern der Eigentümer sich nicht auf adequate Abwendungsvereinbarungen einlässt.
Ab dem 01. Januar diesen Jahres tritt nun in Berlin das neue Wohnraumversorgungsgesetz in Kraft. Darin ist ein ein Wohnraumförderfonds für die Modernisierung und den Ankauf von Wohnraum vorgesehen. Zunächst ist der Fonds für dringend notwendigen Wohnungsneubau gedacht, doch der mit 267 Millionen Euro (in den nächsten fünf Jahren) ausgestattete Fonds könnte auch einen Beitrag dazu leisten, das Vorkaufsrecht häufiger umzusetzen, anstatt dieses an der Finanzierungslücke der Bezirke scheitern zu lassen.
Gesetz über die Neuausrichtung der sozialen Wohnraumversorgung in Berlin
(Berliner Wohnraumversorgungsgesetz – WoVG Bln)
„Es wird ein „Sondervermögen Wohnraumförderfonds Berlin“ errichtet. In das Sondervermögen sollen die ab dem Haushaltsjahr 2014 bereitgestellten bzw. in künftigen Haushaltsjahren bereitzustellenden Mittel zur Förderung des Wohnungsneubaus, der Modernisierung und Instandsetzung sowie die Zins- und Tilgungsleistungen für Finanzierungen fließen, die aus diesem Sondervermögen geleistet werden (revolvierender Fonds). Das Sondervermögen soll von der Investitionsbank Berlin treuhänderisch verwaltet werden. Über die Höhe der jeweils in den Fonds fließenden Mittel wird jeweils auf Vorschlag des Senats das Berliner Abgeordnetenhaus in seinen Haushaltsberatungen entscheiden.“
Gesetz: „Sondervermögen Wohnraumförderfonds Berlin“
§ 1 Errichtung
Das Land Berlin errichtet unter dem Namen „Sondervermögen Wohnraumförderfonds Berlin (SWB)“ ein Sondervermögen.
§ 2 Zweck
(1) Das Sondervermögen dient der Finanzierung von Förderprogrammen und der Durchführung notwendiger Dienstleistungen
1. zum Wohnungsbau, einschließlich des erstmaligen Erwerbs des Wohnraums,
2. zur Modernisierung und Instandsetzung von Wohnraum,
3. zum Erwerb von Belegungsrechten an bestehendem Wohnraum sowie
4. zum Erwerb von bestehendem Wohnraum, wenn damit die Unterstützung von Haushalten bei der Versorgung mit Mietwohnraum durch Begründung von Belegungs – und Mietbindungen oder bei der Bildung von selbstgenutztem Wohneigentum erfolgt. Eine Finanzierung erfolgt nur für solche Förderprogramme, für deren Durchführung diefür das Wohnungswesen zuständige Senatsverwaltung im Einvernehmen mit der Senatsverwaltung für Finanzen Verwaltungsvorschriften erlassen hat.
(2) Entnahmen aus dem Sondervermögen sowie der Einsatz für andere als die in Absatz 1 genannten Zwecke sind unzulässig
Quelle:
Senat legt Entwurf des Wohnraumversorgungsgesetzes vor
Pressemitteilung vom 15.09.2015
Vorkaufsrecht – Forderungen zur Kommunalisierung von Immobilien