Die Corona-Krise darf nicht zur großen Chance für Spekulanten werden!

Der Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) dreht den Geldhahn ab. Schon Anfang Mai forderte er die Bezirke auf, zu sparen. Um den Kaufrausch der Deutschen Wohnen zu stoppen, ist sparen aber die falsche Antwort, denn dann kann sich die Stadt den Milieuschutz gleich ganz sparen. Nun zeigt sich, dass das kommunale Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebieten nicht viel taugt, wenn die Kassen angespannt und die Preise hoch sind. Davon profitieren werden ein paar Großkonzerne, die gegenüber ihren Aktionär*innen beweisen müssen, dass sie weiter wachsen.

Milieuschutz nach dem Prinzip der Freiwilligkeit

Es gibt ein paar fundamentale Fehler in den Regelungen, die mit dem Milieuschutz verbunden sind. Sie sollen eigentlich den Kommunen (in Berlin sind das die Bezirke) die Handhabe dafür geben, die gewachsene „soziale Zusammensetzung“ zu erhalten. Doch leider funktioniert das so nicht.

Das wichtigste Werkzeug zur Ausübung des Milieuschutzes ist das kommunale Vorkaufsrecht, mit dem Druck auf die Käufer*innen ausgeübt werden soll. Im Prinzip geht das so: Der Bezirk macht den Käufer*innen Vorschriften, wie sie über einen bestimmten Zeitraum mit dem Haus umzugehen haben. Dadurch soll ihnen die Verdrängung der Mieter*innen erschwert werden. Willigen die Käufer*innen nicht ein, diese Vorschriften einzuhalten, hat der Bezirk das Recht, das Haus jemandem anderen zu geben, der/die verspricht die Vorschriften zu beachten. D.h. Immo-Spekulant*innen, die die Absicht haben, möglichst viel Rendite aus den Häusern zu pressen, laufen Gefahr, dass sie keine Häuser mehr kriegen. Der Bezirk kann die Häuser über dieses Verfahren an gemeinwohlorientierte Immobilienakteure übergeben.

Wenn’s doch nur so einfach wär! Wir haben in einem separaten Artikel anlässlich der Shopping-Tour der Deutschen Wohnen detailliert beschrieben, welche Schritte innerhalb einer sehr kurzen Frist von 2 Monaten durchlaufen werden müssen, um so ein Vorkaufsrecht auszuüben. Letztlich klappt es nur, wenn die Senatsverwaltungen bereit sind, Geld in Form von Zuschüssen und Darlehen für die Vorkäufe locker zu machen. Obwohl es eigentlich offizielle Senatsrichtlinie ist, Vorkäufe ausüben zu wollen, droht nun das Ende dieser Ankaufspolitik. Das hat einen einfachen Grund. Der dafür vorgesehene Geldtopf (SIWANA) mit ca. 300 Mio Euro ist für 2020 ungefähr zur Hälfte gelehrt und wegen der Corona-Krise hat der Finanzsenator die Leitlinie neu ausgerichtet. Er sieht andere Ausgaben als wichtiger an und will bei den Vorkaufsrechten lieber sparen. Die Bezirke sollen nach Meinung von Senator Kollatz jetzt besser 160 Mio Euro weniger ausgeben und nicht weitere Kosten verursachen, in dem sie Vorkaufsrechte wahrnehmen.

Das Vorkaufsrecht belohnt Spekulation

Wenn der Finanzsenator den Sparkurs ausruft, haben Spekulanten wie der Börsenriese „Deutsche Wohnen“ gute Karten. Sie könnten versucht sein – ähnlich wie beim Pokern – allein über das Erhöhen des Einsatzes das Spiel für sich entscheiden. Weil die Bezirke und das Land finanzielle überfordert sind, fallen dann die Häuser ganz ohne Auflagen ins Shopping-Netz der Käufer*innen.

So pokern die Spekulant*innen gegen die Bezirke und gegen die Mieter*innen:

  1. Hohe Preise für die Immobilien aushandeln => Die Bezirke werden kaum gemeinwohlorientierte Dritte finden, die bei sehr hochpreisigen Immobilien in den Kaufvertrag einspringen. Weder die landeseignen Wohnungsbaugesellschaften noch Genossenschaften können sehr teure Häuser finanzieren, in dene Mieter*innen zu niedrigen Mieten wohnen sollen. Denn der hohe Kaufpreis muss auch dann an die Verkäufer bezahlt werden, wenn das Vorkaufsrecht ausgeübt wird. D.h. die Verkaufenden machen auf jeden Fall ihre Rendite.
  2. Paketkäufe machen => Wenn gleich 20 oder mehr Häuser gekauft werden, haben es die Öffentlichen und Gemeinwohlorientierten noch schwerer, weil sehr viel Geld in kurzer Zeit aufgetrieben werden muss.
  3. Abwendungsvereinbarungen ablehnen => Die Bezirke können das Vorkaufsrecht nur ausüben, wenn sie eine/n gemeinwohlorientierte/n Dritte/n finden, die/der den Kauf stemmen kann. Das gelingt in der Regel nur durch Zuschüsse aus der öffentlichen Hand. Kommen die nicht, wird das Vorkaufsrecht nicht ausgeübt, auch wenn die Forderungen des Bezirks von den Käufer*innen nicht erfüllt werden. D.h. die Deutsche Wohnen kann einfach warten was hinten runter fällt und hat dann freie Hand, da der Bezirk keine Auflagen durchsetzen konnte.

Das Vorkaufsrecht muss reformiert werden!

Es geht also um GELD (= den Preis und die Form der Zuschüsse) und um DRUCK (= Verpflichtung den Forderungen der Kommune zu entsprechen).

  • Der Preis (=Verkehrswert), zu dem ein Haus über das kommunale Vorkaufsrecht an Dritte gegeben werden kann, muss sich am Ertragswert orientieren und damit deutlich tiefer sein als der „Marktpreis“ aus einem überhitzten und angespannten Wohnungsmarkt.
  • Der Fonds (SIWANA III) zur Finanzierung der Vorkaufsrechte muss deutlich aufgestockt werden, so dass mehr Häuser übers Vorkaufsverfahren kommunialisiert oder kollektiviert werden können. Vorkaufsrechte wahrzunehmen ist der einzige mögliche Weg, solange die Enteignung nicht durchgeführt werden kann.
  • Die Frist zur Reaktion der Käufer*innen auf eine vorgelegte Abwendungsvereinbarung muss auf eine Woche begrenzt werden.
  • Die Auflagen der Kommunen müssen eingehalten werden, unabhängig davon, ob der Vorkauf ausgeführt werden kann oder nicht.

Auch das Bündnis „23 Häuser sagen NEIN!“, in dem alle Hausgemeinschaften zusammenkommen, deren Häuser gerade im Paket von der Deutschen Wohnen dem Immospekulanten Hollmann abgekauft werden sollen, haben 6 ähnliche Forderungen aufgestellt.

Mehr zum Voraufsverfahren im Milieuschutz

 

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