Änderung der Prüfkriterien der sozialen Erhaltungsverordnung für alle Erhaltungsgebiete im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg
Die Bezirksverordnetenversammlung steht hinter Bizim Kiez!
Tagesordnung – Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung, Soziale Stadt und Quartiersmanagement, Mieten
17.6.2015
Der Bezirksverordnetenversammlung wurde dieser Antrag vorgelegt:
„Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:
Für die Erhaltungsgebiete im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg werden die Kriterien, die gleichermaßen für Maßnahmen in bewohnten wie auch in leerstehenden Wohneinheiten gelten, für die Umsetzung der Erhaltungsverordnung gemäß § 172 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 BauGB wie folgt geändert:
Im Absatz 2. „Für insbesondere folgende bauordnungsrechtlich genehmigungspflichtige Maßnahmen wird gegenüber dem Fachbereich Bauaufsicht erhaltungsrechtlich eine auflagenfreie Zustimmung erteilt“.
Der Punkt 2.2. wird gestrichen: Umwidmung von Gewerbeeinheiten in Wohnraum.
Begründung:
Der Milieuschutz dient zum Erhalt der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung aus städtebaulichen Gründen. So sollen Bewohner*innen nicht durch Luxussanierungen und Luxusmodernisierungen und die damit einhergehenden Mieterhöhungen aus ihrem Wohngebiet verdrängt werden. Es soll dadurch vermieden werden, dass nur „Besserverdienende“ in der Lage sind, dort eine Wohnung zu mieten.
Dieses Anliegen wird jedoch ad absurdum geführt, wenn der Umbau ehemaliger Gewerbeflächen, wie zum Beispiel alte Fabrikgebäude, zu Lofts und Luxuswohnungen auflagenfrei erteilt wird. Insbesondere entlang des Kanals in Kreuzberg und in der Nähe der Spree, wie auch in zahlreichen Gewerbeflächen in Friedrichshain, wird seit Jahren ein gezielter Luxusausbau von alten Gewerberäumen für ein zahlungskräftiges Klientel betrieben. Eigentumswohnungen für einen Quadratmeterpreis über 5000,- Euro oder bei Vermietung eine Nettokaltmiete pro Quadratmeter über 15,- Euro sind keine Seltenheit. Die Angebote richten sich in der Regel nicht an die Wohnbevölkerung im Bezirk. Sie schrauben das Mietniveau in die Höhe und dienen nicht zum Erhalt der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung. Der Umbau von Gewerbeflächen zu Wohnraum ist daher den allgemeinen baurechtlichen Auflagen der Erhaltungsordnung zu unterwerfen.“
Darauf hin wurde in der Bezirksverordnetenversammlung folgender solidarische Beschluss gefasst:
BVV 18.06.2015
ÄA B’90 von Antragsteller übernommen.
Die Bezirksverordnetenversammlung beschließt:
Die Bezirksverordnetenversammlung erklärt sich solidarisch mit den Bewohnerinnen und Bewohnern des Kreuzberger Wrangelkiezes, die sich bereits seit mehreren Wochen lautstark gegen die Verdrängung des Obst- und Gemüseladens Bizim Bakkal aus dem Wrangelkiez und der geplanten Umwandlung der Wohnungen in der Wrangelstraße 77 in hochpreisige Eigentumswohnungen wehren.
Mit der Kündigung des Mietvertrages für den Obst- und Gemüseladen Bizim Bakkal durch den neuen Eigentümer, die Gekko Grundvermögen GmbH, wird nicht nur die materielle Existenz einer Familie zerstört, die sich mit ihrer herzlichen Art jahrzehntelang um das Zusammenleben im Kiez verdient gemacht hat. Für viele Anwohnerinnen und Anwohner geht auch ein wichtiger Anlaufpunkt und ein Stück Lebensqualität und Identität verloren.
Die Bezirksverordnetenversammlung fordert vom Eigentürmer des Hauses in der Wrangelstraße 77, den sofortigen Widerruf der Kündigung für den Obst- und Gemüseladen und eine annehmbare, bezahlbare Option für das Weiterbestehen von Bizim Bakkal in den bisherigen Räumlichkeiten.
Zudem unterstützen wir die Ziele der bereits gestarteten Unterschriftensammlung zugunsten Bizim Bakkal. Wir begrüßen die aktive Unterstützung der Anwohner*innen im Wrangelkiez durch das Bezirksamt und die Verwaltung im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten. Wir begrüßen außerdem das Schreiben von letztem Monat des Stadtrats Panhoff an den neuen Eigentümer, in dem er diesen unmissverständlich auffordert, die Kündigung von Bizim Bakkal zurückzunehmen.
Die Bezirksverordnetenversammlung unterstützt das Bezirksamt außerdem darin, das im Milieuschutzgebiet herrschende Umwandlungsverbot von Miet- in Eigentumswohnungen mit Entschiedenheit durchzusetzen.
Dem Eigentümer ist unmissverständlich deutlich zu machen, dass der Bezirk mit Nachdruck darauf hinwirken wird, dass auch weiterhin einkommensschwache Menschen in Berlins Innenstadtbezirken leben und arbeiten können. Politische Entscheidungen, Milieuschutzgebiete zu etablieren, dürfen nicht nur wohlfeile politische Willensbekundungen sein, sondern müssen konkret beachtet werden!
Bizim Kiez wirkt!