Muskauer Straße 24: Kaffee mit Sebastian Bodirsky – eine Audio-Aufnahme
Die Kunst- und Gewerbehöfe in der Muskauer Straße 24 stehen für den bedrohten kulturellen Wert Kreuzbergs: hier befinden sich Ateliers und Projekträume von Künstler*innen wie Daniel Ben-hur, Natascha Sadr Haghighian, Johannes Paul Raether und Karolin Meunier. Aber auch der Social Impact Lab, ein Aufbau- und Vernetzungsort für sozial orientierte Gründer*innen, sowie das Labor für analoge Farbfotografie gOLab sitzen im Hinterhof des Hauses, zusammen mit den Arbeitsräumen von weiteren Kreativschaffenden. Einen von ihnen, den Filmemacher und Künstler Sebastian Bodirsky, haben wir auf einen Kaffee besucht. Aus dem Gespräch mit Konstantin aus unserer Gruppe:
„Man muss sich den Kunstbereich ein bisschen als Ökosystem vorstellen. Wenn man in Museen geht, sieht man vor allem nur die großen Namen, das ist vielleicht auch das, was den Stadt-Oberen wichtig ist. Aber an jedem größeren Namen hängt auch ein ganzes System an Leuten, die im Gespräch sind, die Sachen machen, die auch interessant sind… Auch die Orte an denen man arbeiten kann – in denen man zusammen arbeiten kann, in denen man diese Freiräume hat – sind eben total wichtig für dieses Ökosystem Kunst … Wenn Künstler ihre Diskussionen nur in den großen Müssen führen würden, dann würden sie austrocknen…“
Für dieses Ökosystem der Kunst ist die Muskauer Straße 24 enorm wichtig – und sie wird jetzt bedroht, wogegen die Mieter*innen begonnen haben, sich zu wehren. Wie sehr die Künstler*innen mit ihrem Kiez, und auch mit den aktuellen Kämpfen der verschiedenen kreuzberger Nachbarschaftsinitiativen gegen dessen Zerstörung, verbunden sind, zeigt ihre offene Kritik an der verfehlten Immobilienpolitik des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD), als dieser noch Senator für Stadtentwicklung und Wohnen war. Im Gespräch mit Bodirsky wird klar, dass er auch genau weis, was die Verdrängung bedeutet, mit der er es zu tun hat:
„Die meisten von uns leben hier, und auch schon länger. Und ein bisschen ist das auch so, wie Kotti & Co das mal rausgestellt haben: man kann nicht beziffern, was verloren geht, wenn Menschen aus ihren Kontexten gerissen werden. Man sieht nur die Zahlen – “Kosten für Unterkunft“ – und dann müssen die Leute woanders wohnen, aber dass das soziale Strukturen zerreisst, und im Endeffekt weitere Kosten produziert, das sieht man auf den ersten Blick nicht, das kann man halt nicht so leicht ausrechnen. Und das ist ähnlich hier…“
Dazu, warum gerade in Kreuzberg die Gewerbemieten so in die Höhe schießen, sagt Bodirsky:
„Ich denke, dass das mit dem zu tun hat, was die Hamburger Mietenbewegung auch mit “Festivalisierung“ beschrieben hat: dass die Städte immer mehr zu so “Showrooms“ werden… der Umsatz von den großen Firmen, die jetzt alle hier her ziehen, entsteht woanders. Hier versucht man mit dem symbolischen Kapital, was hier entsteht, ein Image zu schaffen, was dann Leute, die mal Kreuzberg besuchen oder die hier ein paar Monate verbringen, konsumieren können. Im Endeffekt wird aus den gewachsenen Strukturen so ein Konsumprodukt gemacht, was man sich viel kosten lässt…“
Das ganze Gespräch gibt es hier als Hörfeature (einfach auf “Cookies akzeptieren“ drücken):
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Am 22. Juni laden die Gewerbemieter der Muskauer Straße 24 zu einer Hofaktion mit politischem und künstlerischen Programm ein.