Phoenix Spree Deutschland – eine Firma aus den Paradise Papers nimmt Berlin ins Visier

Seitdem die Paradise Papers den Namen Phoenix Spree Deutschland bekannt gemacht haben, ist diese Firma das Paradebeispiel für Steuerhinterziehung kombiniert mit Gentrifizierung in Deutschland. ARD , Süddeutsche, Neues Deutschland, Tagesspiegel, Berliner Zeitung, Morgenpost, BZ – sie alle berichteten Anfang der Woche davon, wie das Unternehmen bei Hauskäufen und -verkäufen mittels Share Deals den Fiskus umgeht. Bei Share Deals wird nicht das Haus als Gebäude, sondern eine Firma, zu der das Gebäude als Wert gehört, verkauft. Dadurch wird die Grunderwerbsteuer umgangen. Dem Land Berlin soll Schätzungen zufolge jährlich ein dreistelliger Millionenbetrag an Steuereinnahmen durch Share Deals verloren gehen. (Mehr zu Share Deals hier)

Hier wohnt der Widerstand

Mit diesem Artikel eröffnen wir die Phoenix Spree Deutschland-Timeline. Hier wollen wir von Verdrängungsfällen durch die Immobilienfirma und den mit ihr zusammenhängenden Unternehmen, aber auch von Widerstand gegen sie berichten. Nach und nach sollen die Häuser aus dem Portfolio der Phoenix Spree Deutschland auch auf unserer interaktiven Karte der Verdrängung in SO36 – die trotz ihres Namens natürlich nicht auf Kreuzberg 36 beschränkt ist – aufgelistet werden. Schlussendlich geht es darum, eine Vernetzung von Mieter*innen der Phoenix Spree Deutschland aufzubauen. Berlin ist ein Paradies für Immobilienspekulation – nur mit einer gut vernetzten Mieterschaft können wir das ändern. Um einen Slogan aus den frühen Tagen der Anti-Gentrifizierungsbewegung Berlins zu paraphrasieren: Wer hier kauft, kauft Widerstand!

Wenn ihr in einem Haus von Phoenix Spree Deutschland wohnt und Betroffene von Verdrängung seid, oder ein Zeichen gegen die Spekulation mit Wohnraum setzen wollt, meldet euch per eMail unter phoenix-betroffene@bizim-kiez.de .
Auf Facebook haben wir die offene Diskussionsgruppe „Phoenix Spree Deutschland“ eingerichtet, in der ihr öffentlich eure Meinung über dieses Unternehmen sagen könnt.

Zum Hintergrund des Phoenix

Profite mit der Miete

Die ganze Perversität von Handel und Spekulation mit Wohnraum wird durch die Gewinne der Phoenix Spree Deutschland offensichtlich. Einem Artikel auf dem Wirtschaftsblog „Master investor“ zufolge wurde der Wert des Immobilienportfolios des Unternehmens, der sich aus Rendite, Sicherheit und Liquidität aller ihrer Immobilienanlagen berechnet, Anfang 2016 mit 282.762 Millionen Euro bewertet. Ihr Immobilienbestand verzeichnete bis April 2016 u.a. 2.175 Wohnungen, 190 Gewerbeeinheiten und 491 Stellplätze für Fahrzeuge. Durch eine Erhöhung ihres Grundkapitals um ugf. 41.3 Millionen Euro sollten im selben Jahr weitere Immobilienkäufe finanziert werden, um den Bestand der Phoenix Spree Deutschland in der Stadt sogar noch zu vergrößern (siehe ebenfalls den Artikel von „Master investor“). Ein Artikel auf der Website „Morning Star“ berichtet von 103.5 Millionen Euro in Anleihen durch das Unternehmen für das zweite Halbjahr 2016. Ihre Ausgaben müssen sich gelohnt haben: Ende 2016 sollen sich 76% aller Immobilien des Unternehmens in Berlin befunden haben. Zur selben Zeit war der Wert ihres Immobilienportfolios auf 423,8 Millionen Euro angewachsen – ein Sprung von 141 Millionen Euro in einem Jahr! Dem genanntan Artikel von „Master investor“ zufolge sollte ein Finanzierungsprogramm, das bis Februar 2017 lief, dem Unternehmen sogar Geld für noch mehr Ankäufe bereitstellen, falls sich gute Investitionsgelegenheiten ergäben. Wahrscheinlich waren auch die Verkäufe von 17 Immobilieneinheiten der Phoenix Spree Deutschland in Nürnberg und Fürth, die insgesamt 35.25 Millionen Euro für Käufe in Berlin freimachten, Teil davon. Auch dieser Business-move muss sich gelohnt haben: Im ersten Halbjahr 2017 – für Halbjahrsberechnungen ist immer der 30. Juni Stichtag – erhöhte die Phoenix Spree Deutschland den Wert ihres Immobilienportfolios auf 519.7 Millionen Euro. Also ein Plus von 95,9 Millionen Euro in nur einem halben Jahr! Beeindruckend, oder eher erschreckend, ist auch der Vergleich der Renditen aus den ersten Halbjahren von 2016 und 2017 miteinander, die in einem Artikel über die Phoenix Spree Deutschland auf der Website „investors chronicle“ einsehbar sind: Brutto-Rendite 2016 = 15.7 Millionen Euro, Brutto-Rendite 2017 = 63,1 Millionen Euro. Das entspricht einer Renditesteigerung von sage und schreibe 303%! Ob diese Renditen auch als Netto gelesen werden können, zumal die Phoenix Spree Deutschland ihre Gewinne in Deutschland kaum versteuert, kann an dieser Stelle nicht beantwortet werden. Sicher ist: mittlerweile sollen über 80% des Portfolios des Unternehmens aus Berliner Immobilien bestehen. Diese Firma hat es also auf Berlin abgesehen, aber die Stadt geht dabei leer aus.

Woher kommt der Phoenix?

Das aggressive Geschäftsmodell, das auf Preissteigerung und Verdrängung aufgebaut ist, lässt den Wert des Unternehmens schnell steigen. Gesellschaftliche Perversion.

Den Recherchen der ARD zufolge wurde die Phoenix Spree Deutschland zusammen mit dem Phoenix Spree Property Fund im Jahre 2007 gegründet. 2013 oder 2015 (hier nennt der Artikel zwei unterschiedliche Daten) sollen sie fusioniert sein, und seitdem unter dem Namen Phoenix Spree Deutschland firmieren. Diese „Hauptgesellschaft“ stehe am oberen Ende eines komplexen Netzes aus Firmen, denen die Immobilien gehören. Aufgrund dieser Struktur soll das Unternehmen nicht nur bei Immobilienkäufen und -verkäufen Steuern sparen können: Die Firmen „am unteren Ende“ erzielen die Einnahmen aus den Mieten, würden von der Phoenix Spree Deutschland aber so hoch belastet, z.B. mit hohen Verwaltungs- und Managementgebühren, dass sie kaum Gewinne abwerfen. Ohne Gewinne gibt es für den Fiskus auch nichts fürs Gemeinwesen zu holen.
Gegründet worden sind die beiden Firmen, die in der Phoenix Spree Deutschland aufgegangen sind, von den PMM Partners, einer 2006 entstandenen englischen Vermögensverwaltungsgesellschaft, die sich auf Immobilien spezialisiert. Zur PMM Gruppe, die von ehemaligen UBS-Bänkern gegründet wurde, gehört auch die PMM Partners UK Ltd, die das Immobilienportfolio der Phoenix Spree Deutschland verwaltet. Teil der Firmengruppe ist auch die PMM Partners Germany GmbH, nach eigenen Angaben das Berliner Büro der PMM-Gruppe. Geschäftsführer der PMM Partners Germany GmbH, und damit Manager der Phoenix Spree Deutschland, ist seit September 2015 kein geringerer als Jörg Schwagenscheidt . Dessen Karriere in der Immobilienwirtschaft weist u.a. zwei namhafte Stationen auf: Co-Vorstandsvorsitzender bei der GSW Immobilien GmbH und Non-Executive Director bei der ADO Properties S.A – beide Firmen aus Verdrängungsfällen bekannt und bei Mieter*innen alles andere als beliebt. Es kann davon ausgegangen werden, dass seine langjährige Erfahrung mit dem Berliner Immobilienmarkt zum „Erfolg“ der Phoenix Spree Deutschland beigetragen hat. Das seit Juni 2015 an der Londonder Börse notierte Unternehmen gilt bei Aktienspekulant*innen entsprechend als heißer Tip, woran wieder einmal sichtbar wird, wie eng die Immobilienwirtschaft mit der internationalen Finanzwirtschaft zusammenhängt.

Bewegungen im Phoenix-Spree-Netzwerk

Die folgenden Details sollen einen kurzen Einblick in die komplexen personellen Verflechtungen und Abfolgen von Firmengründungen und -auflösungen in den Netzwerken der Immobilienwirtschaft geben. Unseren eigenen Recherche zufolge gibt es die Phoenix Spree Property Fund Ltd. & Co. KG noch. Sie wurde im Jahr 2006 als GmbH & Co. KG gegründet, und hatte ihren Sitz in Düsseldorf, bevor sie nach Berlin umzog. Sitz des Phoenix Spree Property Funds in Berlin ist heute die Budapester Str. 31. Die Aktiva und Passiva der Firma halten sich für Ende 2015 exakt die Waage, was die Recherchen der ARD bestätigen sollte, dass diese Firma keine versteuerbare Gewinne macht. Dieses Jahr wurde der Phoenix Spree Property Fund von einer GmbH in eine Limited umgewandelt (Infos zur Rechtsform der Limited gibt Wikipedia).
Ganz am Anfang seiner Geschichte wurde das Unternehmen durch eine gewisse Phoenix Spree Property Fund Verwaltungs GmbH kontrolliert. Auch diese Firma wurde 2006 gegründet, und verlegte ihren Sitz wenig später von Düsseldorf nach Berlin – zuerst in die Sedanstraße, später in die Budapester Str. 31. Sie wurde 2014 durch die PSPF General Partner Ltd. abgelöst, und löste sich Ende 2015 auf.
Erster Geschäftsführer dieser Phoenix Spree Property Fund Verwaltungs GmbH war Matthew Northover – einer der Gründer der PMM Advisers LLP, Schwesterfirma der PMM Partners UK LTd (siehe den bereits verlinkten Artikel aus der Irish Times). Matthew Northover wurde für Ende 2006 auch als Geschäftsführer der PSPF Acquisition Vehicle GmbH, ebenfalls mit Sitz in der Budapester Str. 31, geführt. Diesen September wurde die Firma aufgelöst. Als Liquidator trat ein gewisser Giles Anthony Francis Avory auf, Geschäftsführer der PMM Partners Germany Gmbh. Diesen löste dann Ende 2015 Jörg Schwagenscheidt ab. Und auch die PMM Partners Germany GmbH hatte ihren Firmensitz in der Budapester Str. 31, bevor sie im April 2016 an den Kurfürstendamm zog. Der Name Phoenix Spree Deutschland taucht in diesem Netzwerk übrigens nirgendwo auf.

Und die Gentrifizierung?

Die Phoenix Spree Deutschland ist an Aufkauf und Aufwertung von Immobilien interessiert, und konzentriert sich dabei auf Altbauhäuser. Seine Einnahmen erzielt das Unternehmen zu einem Großteil durch die damit verbundenen Mieterhöhungen. Dem bereits verlinkten Artikel aus dem „investors chronicle“ zufolge sollen in Berlin die Mieten aktuell jährlich um etwa 5 % steigen. Bei Neuvermietungen soll die Miete sogar um 44% gegenüber Altvertägen angehoben werden können. Auch Mieterhöhungen nach Modernisierung nutze die Phoenix Spree Deutschland: Laut ARD soll 2012 der Phoenix Spree Property Fund zehn Häuser renoviert, und die Miete danach um 67% erhöht haben. Die Entwicklung des Werts des Immobilienportfolios des Unternehmens spiegelt eine Mischung aus höheren Mieten und der sogenannten „yield compression“ wieder. „Yield Compression“ ist ein Begriff für das Absinken des Renditeniveaus, was zur Verteuerung von Immobilien führe (erklärt wird das in einem interessanten Artikel über die Immobilienbranche des Blogs „Brand eins“). Auch die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen und deren Verkauf ist ein beliebtes Geschäftsmodell der Phoenix Spree Deutschland. Dem Artikel aus dem „investors Chronicle“ zufolge verkaufte das Unternehmen im ersten Halbjahr 2017 Wohnungen zu einem Wert um 59,8% höher als der durchschnittliche Marktwert von Wohnungen in seinem Portfolio. Dabei dürfte der Immobilienfirma sicherlich das Schlupfloch des siebenjährigen Vorkaufsrechts für Mieter zugute kommen, durch welches Umwandlungen auch innerhalb von Milieuschutzgebieten genehmigungsfähig werden . Bekannt ist auch mindestens ein Fall von Verdrängung einer sozialen Einrichtung: im Sommer 2014 kaufte der Phoenix Spree Property Fund ein Haus in Kreuzberg an der Freiligrathstraße, in dem der deutsch-italienische Kinderladen Girotondo zuhause war, und verlängerte dessen Vertrag nicht mehr.