Ein Kiez für sein Krankenhaus: Bizim Kiez an der Seite der Beschäftigten im Urban
Bizim Kiez solidarisiert sich mit der Berliner Krankenhausbewegung! Bei dem Arbeitskampf der Klinikbeschäftigten bei Charité, Vivantes und Tochtergesellschaften geht es um mehr, als nur um genug Lohn, um sich das Leben in der Stadt der steigenden Mieten leisten zu können. Es geht um die Arbeitsbedingungen in über 40% der Krankenhausversorgung Berlins, und damit um einen wesentlichen Teil unserer städtischen sozialen Infrastruktur. Sie darf der Marktlogik nicht länger schutzlos ausgesetzt werden, und dafür braucht es eine starke gewerkschaftliche Bewegung der Beschäftigten, gestützt durch die Solidarität der Stadtgesellschaft. Auf Kundgebungen vor Klinikstandorten in ganz Berlin kommt diese zum Ausdruck.
Diesen Freitag, den 18. Juni, werden Bizim Kiez und Kotti & Co gemeinsam vor dem Urban-Krankenhaus auf der Kundgebung der von Ver.di getragenen Berliner Krankenhausbewegung Solidarität mit den kämpfenden Klinikangestellten äußern. Damit stellen wir uns an die Seite der Belegschaften der Kliniken und unterstützen ihre Forderungen nach mehr Personal für die städtische Gesundheitsversorgung und angemessene Löhne für deren Beschäftigte.
Rauf mit den Löhnen, runter mit der Miete: Stadtpolitik ist nicht blind auf dem Auge der Arbeitsverhältnisse
Kotti & Co haben bereits einen Aufruf zur Solidarität mit den Arbeitnehmer*innen im Gesundheitswesen veröffentlicht, der Parallelen zwischen den krisenhaften Arbeitsverhältnissen in den landeseigenen Krankenhäusern und den ebenso krisenhaften Wohnverhältnissen in den Nachbarschaften Berlins zieht. In beiden Fällen ist es die marktförmig organisierte Versorgung mit Wohnraum und medizinischen Dienstleistungen, welche auf der Seite der Produktion, Bereitstellung und Verwaltung die Kosten drückt, während sie auf der Seite der Nutzung die Preisspirale hochschraubt.
Schon vor Jahren wurde durch Kotti & Co die Forderung nach einem Ende dieser Zumutung auf eine einfache Formel gebracht: Rauf mit den Löhnen, runter mit der Miete! Dieser Slogan hat (leider) nichts an seiner Aktualität eingebüßt, wenn auch dessen erster Teil in den letzten Jahren hintern den Kämpfen für bezahlbaren Wohnraum und ihre vereinzelten Erfolgen in den Hintergrund getreten ist. Dennoch steht beides nach wie vor in engem Verhältnis zueinander, was nicht nur dazu geführt hat, dass Ver.di Berlin und die IG Metall das Volksbegehren “Deutsche Wohnen & Co enteignen“ unterstützen, sondern auch, dass sich nun Nachbarschaftsinitiativen in den Arbeitskampf der Klinikbeschäftigten einmischen, und den Schulterschluss mit der Berliner Krankenhausbewegung demonstrieren.
Wir kämpfen dafür, dass der soziale Zusammenhalt in unseren Kiezen nicht durch Profitinteressen zerstört wird. Wir wollen, das die Menschen, die in der Stadt arbeiten, auch in der Stadt leben können. Und wenn wir sehen, wie viel Prozent der Einkommen mittlerweile über die Miete in die Profitmargen der Immobilienkonzerne einfließen, wird klar, dass dies nicht nur alleine über den Kampf um günstige Mieten gehen kann, sondern eben auch über Kämpfe um höhere Löhne. Dies ist der erste Grund, warum sich auch Bizim Kiez mit den organisierten Angestellten in den Krankenhäusern solidarisiert. Es gibt aber noch einen weiteren.
Die Arbeit in der Gesundheitsversorgung gehört zur sozialen Infrastruktur einer Stadt
Als Nachbarschaftsinitiative, die aus dem Kampf gegen die Verdrängung eines Gemüseladens entstanden ist, haben wir immer wieder stark gemacht, dass nicht nur einzelne Wohnhäuser, sondern auch die soziale Infrastruktur der Stadt gegenüber Profitinteressen schutzbedürftig ist Denn die soziale Infrastruktur sind all die grundlegenden Verhältnisse, die es ermöglichen, dass in einer Stadt so etwas wie sozialer Zusammenhalt überhaupt entstehen und existieren kann. Sie ermöglicht, dass ein städtebauliches Gebiet zu einem lebendigen Quartier zusammenwächst, eine Ansammlung von Gebäuden, Straßen und Plätzen zu einem Kiez wird, in dem Menschen gerne leben können. Soziale Infrastruktur sind die Geschäfte zur lokalen Grundversorgung wie z.B. Lebensmittel- und Bekleidungsgeschäfte, die Kitas und Schulen, Kultureinrichtungen und, ja, auch die Spätis und Kneipen. Dabei kommt es gerade darauf an, dass all dies auch für einen schmalen Geldbeutel bezahlbar ist.
Es ist selbstverständlich, dass Krankenhäuser als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge ebenfalls zu dieser sozialen Infrastruktur dazugehören. Wir vergessen das oft, wenn wir gesund sind, und sie nicht brauchen. Aber im Notfall und bei schweren Verläufen von Krankheiten treten die städtischen Krankenhäuser als medizinische Einrichtungen der sozialen Infrastruktur in den Vordergrund. Wenn die Hausärzt*innen an ihre Grenzen kommen, sind wir erleichtert, wenn sie da sind und gut funktionieren. Und gerade in der aktuellen Pandemie hat sich gezeigt, wie wichtig es für uns alle ist, dass sie gut funktionieren. Wir sollten nicht vergessen, dass während des Lockdowns im vergangenen Winter das Drama der hohen Inzindenz- und Todeszahlen sich auf den Stationen und Intensivstationen der Krankenhäuser abgespielt hat. Hier lagen unsere Familienangehörige und Nachbar*innen, die rund um die Uhr durch Ärzt*innen und Pfleger*innen bei der Genesung unterstützt wurden. Wir sollten nicht vergessen, dass deren Arbeit manchmal darin bestand und besteht, Leben zu retten. Und während das medizinische Personal direkt an den Patient*innen tätig ist, arbeitet eine ganze Palette an Arbeitnehmer*innen in sogenannten patientenfernen Tätigkeiten: in der Reinigung, in der Küche, im Patient*innentransport, im Labor. Unter dem Aspekt der sozialen Infrastruktur einer Stadt ist in einem Krankenhaus aber keine Tätigkeit wirklich patientenfern, denn die Funktion von Krankenhäusern ist es insgesamt, kranke und verletzte Menschen gut zu versorgen – ob direkt medizinisch, oder um ihnen einen möglichst erträglichen Krankenhausaufenthalt zu ermöglichen.
Der Markt wird es nicht richten – auch nicht bei der Gesundheitsversorgung
Diese im Grunde dem Gemeinwohl verpflichtete Funktion unserer Krankenhäuser wird durch eine jahrzehntelange Politik der Rationalisierungen und Leistungsbegrenzungen bei der Patient*innenversorgung untergraben und ausgehöhlt. Leidtragende sind dabei neben den Patient*innen natürlich die Beschäftigten, deren Arbeitsbedingungen immer unerträglicher werden, bei Löhnen, die für ein würdevolles Leben in der Stadt nicht mehr ausreichen.
Für Bizim Kiez steht daher fest: Das Bedürfnis der Stadtgesellschaft nach guter Gesundheitsversorgung als Teil ihrer sozialen Infrastruktur steht im Einklang mit dem Bedürfnis der Beschäftigten in den Krankenhäusern nach guten Arbeitsbedingungen und ausreichender Entlohnung. Das ist der zweite Grund, weshalb wir uns an die Seite der Berliner Krankenhausbewegung stellen. Der Schutz der sozialen Infrastruktur vor der Brutalität des Marktes und der ihm innewohnenden Tendenz zur Profitmaximierung ist, mit Blick auf den sozialen Zusammenhalt, eine gesellschaftliche Notwendigkeit. Und die Gesellschaft, die von diesem Schutz begünstigt wird, schließt neben deren Nutzer*innen (in Fall der Krankenhäuser die Patient*innen) auch die sie bereitstellenden und aufrechterhaltenden Arbeitskräfte mit ein. Beide Gruppen verdienen eine gute Behandlung im und durch das Krankenhaus, beide haben ein Interesse an ihrer Durchsetzung.
Und weil wir als Bizim Kiez die Erfahrung gemacht haben, dass sich nichts hin zum Besseren bewegt, wenn wir uns nicht bewegen, begrüßen wir die gewerkschaftliche Organisierung der Beschäftigten der landeseigenen Krankenhausunternehmen Vivantes und Charité, sowie bei den Tochterunternehmen von Vivantes! Wir solidarisieren uns mit ihnen, und unterstützen ihre Forderungen als die einer einheitlichen Berliner Krankenhausbewegung! Und wir bestehen gegenüber den Geschäftsführungen und der Landespolitik auf den Schutz der sozialen Infrastruktur durch die Erfüllung dieser Forderungen: Mehr Personal, faire Löhne und ein Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst für alle Angestellten in den Krankenhäusern unserer Stadt!
Kommt am Freitag, den 18. Juni vor das Klinikum am Urban, und stellt euch mit uns, Kotti & Co, dem Bündnis Gesundheit statt Profite und anderen Gruppen der Berliner Stadtgesellschaft an die Seite all derjenigen, von deren Arbeit unsere Gesundheit im Ernstfall abhängt! Ab 15 Uhr wird die Frühschicht begrüßt, um 16 Uhr startet die Kundgebung.