Zum SPD-Vonovia-Deal: Fünf Grundsätze zum Ankauf der 20.000 Wohnungen

Die SPD-Oberen im Berliner Senat wollen die Übernahme der Deutsche Wohnen durch die  Vonovia unterstützen: Der Regierende Bürgermeister Müller und Finanzsenator Kollatz wollen dem fusionierten Unternehmen 20.000 Wohnungen abkaufen, die vom Konzern als „nichtstrategische“ Bestände eingestuft werden. Die konkreten Kosten sind unbekannt – spekuliert wird über einen Kaufpreis von 3,2 Milliarden Euro. Die Mieter*innen der Wohnungen berichten öffentlich von Schimmelbefall, Asbestverseuchung und jahrelang vernachlässigter Instandsetzung. Die Öffentlichkeit stellt verdutzt fest, dass der Finanzsenator es plötzlich für machbar hält, im großen Stil Bestände anzukaufen, obwohl er bei zahlreichen Vorkaufsgelegenheiten Zuschüsse zurückgehalten hat und ganz aktuell auch weitere Gelegenheiten ausbremst. Außerdem wird öffentlich darüber gestritten, ob das viele Geld von den Landeseigenen Wohnungsunternehmen (LWU), die den Deal über Kredite finanzieren sollen, nicht besser in Neubau investiert werden sollte.

So erfreulich es ist, dass mit Leidenschaft über die Entwicklung der öffentlichen Wohnungsbestände diskutiert wird, so sollten doch dabei fünf Sachverhalte berücksichtigt und auseinandergehalten werden.

1. Doppelstrategie von Ankauf und Neubau fahren!

Auch wenn der angekündigte Ankauf-Deal eindeutig ein Wahlkampfmanöver der SPD gegen die breit von der Bevölkerung unterstützte Enteignungskampagne ist, sollte niemand den Denkfehler mitmachen und Ankauf gegen Neubau – im Sinne von entweder oder – zu stellen. Die Ausweitung der öffentlichen Bestände ist eine Kernforderung und die Rekommunalisierung ist wichtiger Teil dieser Strategie. Nur so werden die verbliebenen bezahlbaren Wohnungen erhalten und wird die Verdrängung der Menschen verhindert, die darin wohnen. Außerdem wirkt die zurückhaltende Mietenentwicklung in wachsenden kommunalen Beständen insgesamt mietendämpfend auf den Markt. Wir brauchen aber auch die Erweiterung des öffentlichen Wohnungsbestands durch preisgünstigen Neubau, um zu insgesamt mehr bezahlbaren Wohnungen zu kommen. Solange es keine besseren Bundesgesetze gibt und die Wohnungskonzerne nicht daran gehindert werden können, Gewinne an Aktionär*innen auszuschütten anstatt die Wohnungsbestände instand zu halten, dürfen Mieter*innen nicht im Stich gelassen werden. Zwar steht die mögliche Vergesellschaftung als Wunschlösung am Horizont, aber der Weg dahin ist noch lang.

2. Zukauf nicht über LWU-Verschuldung finanzieren!

Wie die LWU den vermuteten Kaufpreis von 3,2 Milliarden Euro stemmen sollen, ist unklar. Angesichts ihrer finanziellen Situation – abgesehen von der berlinovo – ist zu befürchten, dass sie das Geld nur über Verschleppung von Instandhaltungen und weniger Neubau aufbringen könnten. Sollten Bestände gekauft werden, dürfen die LWU dadurch nicht in ihrer Fähigkeit eingeschränkt werden, Neubauten zu errichten. Deshalb muss das notwendige Eigenkapital zusätzlich aus dem Landeshaushalt kommen!

3. Nicht die überteuerte Hochzeit der Konzerne mit Steuergeld bezahlen!

Der schlechte bauliche Zustand der angebotenen Bestände muss zu einem niedrigen Kaufpreis führen. Es ist nicht nachvollziehbar, warum im Paket, das dem Land angeboten wird, die einzelne Wohnung rund 25 Prozent mehr kosten soll als die einzelne Wohnung im Paket, das die Vonovia bei der Übernahme der Deutsche Wohnen kauft. Mehr als 2,3 Milliarden Euro darf das Land nicht bezahlen, wenn es den Konzern-Bossen nicht auf den Leim gehen will! Steuergeld möglichst effizient einzusetzen, scheint wieder mal nicht im Fokus der SPD zu liegen.

Den bereits kursierenden Vorschlag, statt des Gesamtpakets von 20.000 Wohnungen nur einen kleinen Teil zu kaufen, weil für mehr das Geld im Landeshaushalt fehlt, lehnen wir als unbegründet ab. Es muss stattdessen besser nachgerechnet und verhandelt werden!

4. Stärkere soziale Auflagen mit Rekommunalisierung verbinden!

Die LWU, die hinzukommende Bestände ankaufen sollen, müssen für die erhebliche Aufstockung der Eigenkapitalsumme, mit der das möglich gemacht werden muss, zusätzliche soziale Auflagen bekommen: Die geltende KoopV muss hier erweitert werden durch höhere Vergabequoten für WBS-Berechtigte, deutlich bessere Mieter*innen-Beteiligung in Wohnsiedlungen und mehr Investitionen in den Klimaschutz.

5. Gelegenheit zur Umsetzung von Modellprojekten nutzen!

Im aktuellen Koalitionsvertrag sind für den Ankauf zwei mögliche Modellprojekte für selbstverwaltete Mietergenossenschaften explizit benannt, die die LWU nun endlich umsetzen können: am Kottbusser Tor und im Falkenhagener Feld. Wann, wenn nicht jetzt, kann der Senat bei den 20.000 Wohnungen unter Beweis stellen, dass er seine Versprechungen derartiger Modellprojekte umsetzt.


Das Statement wurde am 1. Juli auf der Website Warum-spd.de und auf der Plattform des IniForums erstveröffentlicht und wir bitten um um Parallel-Veröffentlichung auf den Websites und Social Media Kanälen der Initiativen. Initiiert vom Beirat des Initiativen Forum Stadtpolitik Berlin („IniForum“). Wir bitten die einzelnen stadt- und mietenpolitischen Initiativen um Unterzeichnung des Statements. Unterzeichnungen sind auch noch nach der Veröffentlichung möglich. Bitte schreibt an team@iniforum-berlin.de eine E-Mail, wenn ihr hier aufgenommen werden möchtet.

Bisher unterzeichnet von: 23 Häuser sagen Nein! | Akelius-Mieter*innenvernetzung | Bizim Kiez | Deutsche Wohnen & Co. enteignen | Kiezpalaver Schöneberg | Kiezversammlung 44 | Kotti & Co | Mieterforum Pankow | AG Gesetz Mietenvolksentscheid | Stadtpalaver am Halleschen Tor