1000 Menschen ziehen als Kiezdrache gegen Verdrängung durch Kreuzberg
Am Samstag, 17.11. rief Bizim Kiez gemeinsam mit allen Initiativen der Umgebung zum „widerständigen Laternenumzug gegen Verdrängung“. Gekommen sind über 1000 Menschen – Nachbar+innen und Nachbarn – viele mit Kindern und Jugendlichen und eigenen Laternen, um gemeinsam ein Zeichen dafür zu setzen, dass sie die fortschreitende Gentrifizierung der Stadtviertel nicht kampflos hinnehmen. Zusammen arbeiten wir solidarisch für den Erhalt der Kieze, zu denen nicht nur die Wohnenden gehören, sondern auch die Gewerbetreibenden und sozialen Einrichtungen.
Das kiezversorgende Kleingewerbe ist schutzlos der Gier der Immobilienanleger*innen ausgeliefert
Gerade das Kleingewerbe ist in besonderem Maße der Verdrängung ausgesetzt, weil es bei Gewerbemieten keinerlei Begrenzung bei möglichen Mieterhöhungen gibt. Noch härter trifft es Kitas und andere soziale Einrichtungen, die oft in Gewerbeflächen eingemietet sind. Sie finanzieren ihre Mieten über staatliche Zuschüsse und haben keine Chance, Mietererhöhungen zu stemmen. Im Ergebnis sind in Berlin momentan 22 Kitas akut von Verdrängung bedroht – bedroht von der Gier der Immobilienwirtschaft. Daran hängen Tausende Familien, denen das Leben schwer gemacht wird, weil ihre mühsam abgestimmten Abläufe zwischen Arbeit und Kinderbetreuung zerstört werden.
Wohnungsmieter*innen werden zur Kasse gebeten
Wohnungsmieter*innen können über Modernisierungen und insbesondere über energetische Modernisierungen aus den Häusern gedrängt werden. Es gibt weder ein Mitspracherecht für Mieter*innen, noch eine Prüfung, ob Baumaßnahmen im Rahmen einer energetischen Sanierung ökologisch oder gar wirtschaftlich sinnvoll sind. Eigentümer*innen können bauen, was immer sie für richtig halten, und die Kosten können voll auf Mieter*innen umgelegt werden, auch wenn diese selbige gar nicht wollen. Im Ergebnis steigen die Mieten extrem, denn das geht auch vorbei an der Mietpreisbremse – einem Gesetz, das Synonym für eine nicht-funktionierende Symbolregelung geworden ist.
Häuser werden aufgeteilt und als Eigentumswohnungen verkauft
Immernoch werden Tausende Wohnungen jährlich in Eigentumswohnungen umgewandelt. Selbst in Milieuschutzgebieten ist das weiterhin möglich, weil das Verbot von Aufteilungen leider sehr theoretisch ist, solange es die Ausnahmeregelung gibt, dass Eigentümer*innen bloß bestätigen müssen, dass sie nach der Aufteilung die Wohnungen erst einmal den drin Wohnenden anbieten werden. Ob sie es wirklich tun – wird nicht kontrolliert. So kommt es dass nach all den Jahren nur 24 Mal überhaupt Mieter*innen über die Vorkaufsregelung die eigene Wohnung gekauft haben. Allein im Jahr 2017 wurden aber rund 17000 Wohnungen zu Eigentumswohnungen umgewandelt. Mit anderen die „Schutzregelung“ für Mieter*innen bieten keine Schutz.
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Solidarität macht uns stark
In den letzten Jahren konnten in einigen Einzelfällen erreicht werden, dass sich die Immo-Wirtschaft mit ihren Verwertungsinteressen nicht durchsetzen konnte. Immer gingen den Erfolgen öffentlichkeitswirksame Aktionen voraus, mit denen wir viele Menschen dazu gebracht haben, sich sichtbar und laut solidarisch mit den von Verdrängungen bedrohten zu erklären. Wir zeigen bei jedem Fall, dass es immer auch einzelne Menschen gibt, die verantwortlich sind für das herabwürdigende Handeln gegenüber Mieter*innen. Sollen alle wissen mit welchen Geschäftspraktiken sie Mieter*innen mobben. Verdrängung darf kein Geschäftsmodell sein!
Darum rufen wir alle auf, denen unsere Kieze in ihrer lebenswerten Qualität am Herzen liegen, sich gegen Spekulation, Preissteigerung und Verdrängung zu engagieren. Kommt zu unseren Aktionen und zeigt, dass ihr Teil des widerständigen Drachen seid, wenn es drauf an kommt. Tragt euch beim Bizim-Kiez-Newsletter ein.
Redebeiträge auf der Demo:
- Hülya von OraNostra für Zekiye Tunç, die mit dem Oranienspäti von Räumung bedroht ist
- Simone von Lause bleibt! gegen Investor Tækker (Lausitzer Str 10/11)
- Nada für die Rekommunalisierung der ehemaligen Kurt-Held-Schule (Görlitzer Str. 51)
- Bewohner*innen der Cuvrystr 46 mit ihrem Lied gegen den Mietenwahnsinn
Vielen Dank an alle, die gekommen sind, und noch mehr an alle, die geholfen haben: z.B. den Drachen zu bauen, Technik hin und her zu fahren, auf- und abzubauen, fürs Catering, für die Plakataktion und die Verteilung, sowie die online Berichterstattung. Diese Nachbarschaft ist toll und bringt so viel auf die Beine! Mit dieser Kraft wehren wir uns auch gegen die Verdrängung – konkret im Einzelfall wie auch strukturell und politisch.
Dokufotos
Inhalte von Unterstützer*innen #Kiezdrache:
https://www.youtube.com/watch?v=T6k_W7-V7tM
- Sehr schöne Fotogalerie beim Umbruch Bildarchiv
- Der Drache von oben in der Görlitzer Str. (Facebook-Video)
- Hashtag #Kiezdrache auf Instagram