Bizim Bakkal – Wir sind Gemüseladen
#Bizimkiez #Wrangelstraße #Kreuzberg #Gentrifizierung
Unser Gemüseladen „Bizim Bakkal“ in der Wrangelstraße 77 hat vom Vermieter die Kündigung bekommen. Ende September muss der Laden geräumt sein. Alle Mieter im Haus bekommen Abfindungen angeboten, um das Haus möglichst schnell zu entmieten. Danach soll Luxus-saniert werden, um die Wohnungen an eine neue solvente Zielgruppe zu verkaufen. Die Gewerbeeinheit soll geteilt werden, um die Mieteinnahmen zu maximieren.
Wir alle kennen das Szenario bereits, denn nach diesem Muster wird ein Haus nach dem andern in unserem Kiez und in vielen anderen Stadtteilen gentrifiziert.
Wird Bizim Bakkal verdrängt, werden wir verdrängt!
Wir wollen „Bizim Bakkal“, den Laden der Familie Çalışkan behalten. Der Laden ist seit 28 Jahren hier, die Existenz einer Familie hängt daran und er ist ein Treffpunkt für alle, die das Viertel ihre Heimat nennen. Es ist der letzte familiengeführte Obst- und Gemüseladen auf der Wrangelstraße. Der Laden speist einen wesentlichen Teil des Wir-Gefühls hier im Kiez und deshalb geht es hier beispielhaft ums Grundsätzliche!
Wir wollen die Verdrängung nicht länger hinnehmen und darum kämpfen wir für den Erhalt der Nachbarschaft im Wrangelkiez!
Dieser Kiez rund um die Wrangelstraße ist nicht einfach irgendein Investitionsgebiet, dessen Existenz der Bereicherung von Immobilienfirmen dient. Wenn die Gegend hier langsam prosperiert, dann entstand dieser Wertzuwachs durch unser Zusammenleben. Wir alle haben diesen Kiez aktiv gestaltet und deshalb haben wir den Mehrwert geschaffen, den wir nun als Rendite in Form von Menschlichkeit ausgezahlt bekommen wollen. Wir geben unsere Nachbarschaft nicht für Investoreninteressen preis. Wir lassen uns die Rendite nicht von jetzt aufspringenden Immobilienfirmen wegschnappen, sondern diese Rendite muss der Gemeinschaft derjenigen zu Gute kommen, die hier leben. Und zu Gute kommt es uns, wenn wir weiter hier leben können – mit Ahmed Çalışkan und seinem Laden Bizim Bakkal.
Warum passiert das einfach so?
Natürlich wissen wir, dass man konkret nicht viel gegen die Kündigung der Gewerbeeinheit und das typische Vorgehen der Immo-Firma machen kann.
Die Gesetzeslage ist wie sie ist:
- Gewerbemietverträge können einfach gekündigt werden.
- Die Förderprogramme zur Gebäudesanierung erlauben es, den Standard so zu erhöhen, dass nachher viel höhere Mieten verlangt werden können.
- Der sogenannte „Milieuschutz“ schützt leider Gewerbetreibende so gut wie gar nicht.
- Der Immobilienmarkt ist ein heißes Geschäft, bei dem fast nur noch große Player mitspielen können, Anwohner haben schlechte Karten.
Aber die im Haus wohnenden Mieter/innen haben keinen Grund eingeschüchtert zu sein! Sie brauchen nicht zu gehen, wenn sie nicht wollen. Ihre Rechte sind weitgehend gesichert und sie können sich wirksam gegen die typischen Tricks der Immobilienfirmen wehren.
Was können wir als Nachbarschaft tun?
Wir alle können zeigen, dass wir es nicht einfach hinnehmen. Wir wollen nicht passiv zuschauen, wie erst unser Gemüseladen verdrängt wird, und wenig später wir selbst. Wir wollen mit lauter Stimme mitreden und Einfluss nehmen. Wir machen Druck, indem wir Öffentlichkeit herstellen und wir arbeiten aktiv auf verschiedenen Ebenen dafür unseren Kiez in bunter Mischung zu erhalten. Hier müssen auch einkommensschwache Menschen in Ruhe leben können.
Wir sind in Arbeitsgruppen aktiv
Immer am Mittwoch Abend um 19:00 Uhr versammeln sich jetzt die Anwohner vor „Bizim Bakkal“. Bisher kommen von Mal zu Mal mehr, die sich einsetzen wollen. In einem Prozess der möglichst effektiven Selbstorganisierung haben sich Arbeitsgruppen gebildet, die verschiedene Aufgaben übernehmen und von allen angesprochen werden können. Immer mittwochs zeigen die Gruppen ihre Pläne und Ergebnisse. Natürlich sind alle eingeladen sich anzuschließen, um sich mit Ideen und Tatkraft zu engagieren. Die Gruppen versammeln sich öffentlich (aber unter Ausschluss der Presse).
Vernetzung und Zusammenarbeit
Website: Hier werden alle Informationen zusammengezogen, hier wird kommentiert und diskutiert, dokumentiert und fortlaufend von vielen Menschen Artikel geschrieben.
Newsletter: Der Newsletter informiert über Entwicklungen und wir laden darüber zu den Treffen, Aktionen und Versammlungen ein. Oben rechts kann man sich in die Liste der Empfänger/innen eintragen.
Soziale Medien: Wir haben eine Bizim Kiez Facebook-Seite eingerichtet, damit sich Facebook-Nutzer/innen mit uns verbinden können und ihre Sympathie für die Sache zeigen können. Hier und in anderen sozialen Netzwerken entsteht ein buntes Sammelsurium von den verschiedensten Positionen, die über den Hashtag #bizimkiez verbunden sind. Auf Twitter informieren wir vor allem Richtung Medien.
Aktionen: Sicher haben schon viele die verschiedenen Transparente über der Straße und an vielen Häusern gesehen. Es werden weitere organisierte Aktionen stattfinden – im oder außerhalb des Kiezes.
Unterschriftensammlung: In den Läden im Kiez liegen überall Listen aus, in denen sich alle eintragen können. Wir haben schon einige Tausend Unterschriften gesammelt und der Zuspruch ist riesig!
Und das ist alles erst der Anfang!
Gemeinsam für „Bizim Bakkal“ und gegen das System der Verdrängung!
Gesetze sind von Menschen gemacht und können von Menschen geändert werden. Warum wird in unserer so mobilen Welt starr, fatalistisch und unflexibel gedacht, argumentiert, sobald es um Gesetze geht. Die Gesetze schützen das Eigentum. Doch, was ist, wenn Eigentum nicht mehr sozial verpflichtend, sondern unreguliert und zerstörerisch bezogen auf Menschenumwelt , Stadtteilmilieu und Bewohnerlebensqualität eingesetzt wird?
Das natürliche Leben ist dynamisch fließend,, lebendig, wild und mäandernd.
Ich wünsche mir eine weiche Gesetzgebung, die sich an lebensfreundliche Notwendigkeiten und Strukturen anpassen kann. In welchem kleingeistigen Zeitalter leben wir eigentlich?