„Nicht das persönliche Versagen, sondern der kapitalistische Verwertungsdruck ist für den drohenden Wohnungsverlust verantwortlich“

» … Dieser Klassenkampf besteht eigentlich darin, dass ungefähr neun von zehn Wohnimmobilien eh mit Reichtum schon sehr gut versorgten Menschen oder hochprofitablen Immobiliengesellschaften gehören. Das heißt, die Mieter zahlen denen die Miete. Das wäre vielleicht in Ordnung, wenn sich das wie folgt zusammensetzen würde: ein Drittel für die Miete, ein Drittel für Instandhaltung, ein Drittel für Betriebskosten und weitere Kosten. Das ist aber nicht so. Jahrzehntelang wurden die Gelder vieler Mieter einkassiert, aber die Besitzer haben nicht einmal den notwendigen Sanierungsbedarf erledigt. Dann verfallen die Häuser und werden verkauft. Die neuen Eigentümer modernisieren neuerdings energetisch und können die Kosten auf die Mieter umlegen. Die Mieter haben dafür quasi schon bezahlt, es wurde aber nichts gemacht. Und jetzt fliegen diese aus den Wohnungen raus mit dem Argument, das Haus ist ja runter, es muss auf einen modernen Stand gebracht werden.

Eine Stadtsoziologin sagt: »Nicht das persönliche Versagen, sondern der kapitalistische Verwertungsdruck ist für den drohenden Wohnungsverlust verantwortlich.«

Das persönliche Versagen ist auf gar keinen Fall schuld, weil wir in einer Leistungsgesellschaft leben. Da wird überhaupt nicht nach den Fähigkeiten und dem Talent der Leute gefragt, sondern alle werden über einen Kamm geschoren. Und wenn man ökonomisch nicht klarkommt, ist man quasi ein Verlierer. Dazu kommt: Aus was für einer Familie kommt man, was hat man für Möglichkeiten? Das ist natürlich absolut entscheidend und das merkt man auch auf dem Wohnungsmarkt. «…

Die Stadt gehört uns Ausgabe 13-2014 – Strassenfeger