Zeughofstr. 20: Geschichte der Verdrängungsversuche durch Luxusmodernisierung

Timeline: Der harte Kurs eines Privat-Investors
und die Folgen für die Mieter/innen

Diese Timeline ist von unten nach oben chronologisch aufgebaut.

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Zusammenfassung und aktueller Stand des Falls

Ausgangssbasis: Der Investor möchte die Wohnungen des Mietshauses luxus-modernisieren und damit die Mieten auf bis zu 12€/qm anheben. Durch Baumaßnahmen wurden die Mieter teilweise von der Gasversorgung abgeschnitten, Kohleöfen unbenutzbar gemacht, gleichzeitig werden die Mieter mit Duldungsklagen zur Modernisierung und Räumungsklagen überzogen.

– Mai 2018 –

Nachdem es längere Zeit ruhig war um das Haus, stellt sich am 15.05.2018 heraus, dass das eiszeit-kino Insolvenz anmelden muss und noch in der gleichen Woche den Betrieb einstellt.
taz, Tagesspiegel und Berliner Zeitung  berichten entsprechend. Ein vom Eigentümer zugesagter Sanierungszuschuss von 360.000€ ist nur zur Hälfte ausgezahlt worden, so daß Baukosten nur verspätet gezahlt werden konnten. Der Kinobeauftragte beim Medienboard Berlin-Brandenburg vermittelte als Mediator zwischen Kinobetreibern und Eigentümer. Dabei wurde nach Aussagen der Betreiber vereinbart, den ausstehenden Betrag von 180.000€ durch Einbehalten der Miete auszugleichen, der Eigentümer habe dann aber den Mietvertrag wegen ausbleibender Mieten gekündigt. Der Eigentümer sieht dies natürlich ganz anders, er ‚will nicht als Vertreiber gelten‘.

Von den neun alten Mieternparteien haben nur noch vier bezahlbare Netto-Kalt-Mieten
von 6,00 bis 7,50 nach der Modernisierung, vier Mietparteien sind ausgezogen. Eine Mietpartei hat sich bisher gegen die Modernisierung durchsetzen können und steht jetzt unter großem Druck durch den Eigentümer.
Bei der Vermietung der zwischendurch leergezogenen und dann modernisierten Wohnungen
hat der Eigentümer extreme Mietsteigerungen auf bis zu 15,00 € / qm nettokalt durchgesetzt.

– September 2016 –

Seit fast 2 Jahren finden umfangreiche Bauarbeiten statt. Die angekündigte Bau-Zeit hat sich somit verdoppelt. Das  eiszeit-Kino wurde umgebaut und befindet sich jetzt im Erdgeschoss und im Keller des Gebäudes. Der Schwamm im Vorderhaus wurde beseitigt. Die Fassade wurde instandgesetzt. Die Wohnungsmieter mussten ein Jahr lang hinter einer undurchsichtigen Plane leben.

Im Quergebäude werden jetzt Etagen zu Büros und Wohnungen ausgebaut. Die Netto-Kalt-Miete für die Wohnungen soll 15 €/qm betragen.

Gegen eine Familie mit Kindern klagt der Eigentümer in der Berufungsinstanz weiterhin auf Räumung.

– Juli 2016 –

Stand Zeughofstraße 20 zum 30.Juli 2016
Im ersten Halbjahr 2016 fanden vor dem Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg
zahlreiche Prozesse statt, die der Hausbesitzer durch exzessive Klagen eingeleitet hatte
u.a. wegen Nichtduldung von Modernisierungsarbeiten,wegen angeblich unerlaubter Untervermietung und angeblichem Stromdiebstahl.
Er verlor in allen Fällen in der ersten Instanz am Amtsgericht.
Das Berufungsgericht legte ihm wegen Aussichtslosigkeit den Verzicht nahe.
In einem Fall gab es ein gerichtliches Mediations-Verfahren vor dem Amtsgericht mit dem Ergebnis, dass der Modernisierungs-Aufschlag begrenzt wurde in Anlehnung an den Mietspiegel, dass Untervermietung erlaubt ist und dass kein Eigenbedarf geltend gemacht wird.
Der Vermieter ist aber nicht bereit, das Ergebnis des Mediations-Verfahrens auf alle Mieter zu übertragen. Er versucht jetzt wieder, seine Vorstellungen in allen Punkten durchzusetzen.
Das im Haus befindliche EISZEIT-Kino ist inzwischen eröffnet.

 

– Februar/März 2016 –

Mieter/innen und Gerichte sind beschäftigt
mit einer Vielzahl von Prozessen.

Es stehen drei Prozesse auf Duldung der Modernisierung an, ein Berufungsprozess in der gleichen Sache, ein Räumungsprozess wegen unerlaubter Untervermietung sowie ein Räumungsprozess wegen Behinderung von Instandsetzungsmaßnahmen.

– Dezember 2015 –

Erfolg für Mieter bei Widerspruch zur Klage auf Duldung der Modernisierung.

Das Urteil zur Verhandlung aus dem August 2015 ergeht. Der betroffene Mieter muss nur ca. 2% der Modernisierungsmaßnahmen dulden. Der Eigentümer legt Berufung ein.

– November 2015 –

Die Nachbarschaft zeigt sich solidarisch:
Bizim Kiez Laternenumzug – Investoren heimleuchten

Am 11. November 2015 demonstrieren mehr als 500 Menschen bei Laternenumzug unter dem Motto ‚Licht an für Bizim Kiez -Investoren heimleuchten‚ gegen Verdrängung aus dem Kiez. Die Abschlussveranstaltung findet vor dem Haus Zeughofstr. 20 statt.

– September/Oktober 2015 –

Kündigungen, Räumungsklagen, Schadensersatzforderungen
und Beginn der Heizperiode.

Der Eigentümer verbietet einem Mieter eine bisher erlaubte Untervermietung, kündigt und klagt auf Räumung. Gleichzeitig verlangt er die Räumung einer Wohnung, weil diese mit Schwamm befallen sei. Die Mieter der Wohnung lassen ein Gutachten erstellen, danach ist nur ein Zimmer betroffen. Auch hier erfolgt die Kündigung und die Räumungsklage. Per Anwalt werden den Mietern Schadenersatzforedrungen wegen Behinderungen der Bauarbeiten gemacht – in Höhe von 400 € / Tag.

Die Heizperiode beginnt. Wegen den Zerstörungen an Kohleöfen und Gasleitungen kann nicht geheizt werden. Noch funktionierende Kohleheizungen werden vom Bezirksschornsteinfeger stillgelegt, da das auf das Haus gesetzte Wetterschutzdach die Abzüge blockiert. In den wohnungen, die auch von kindern bewohnt werden, herrscht teilweise eine Temperatur von 14°. Die Mieter schalten die Wohnungsaufsicht ein und erhalten so Baustrom und Raditoren – den Mietern, die mittlerweile mit Räumungsklagen belangt wurden, verweigert der Eigentümer dies. Diese Mieter erwirken eine einstweilige Verfügung, der Eigentümer legt dagegen Widerspruch ein und verliert.

– August 2015 –

Die Güteverhandlung zur Klage auf Duldung der Modernisierung scheitert.

Die Richterin am Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg sieht in den Modernisierungmaßnahmen teilweise Instandsetzungsmaßnahmen und schlägt in der Güteverhandlung eine Miete von 6,81€/qm nettokalt nach der Modernisierung vor, eine Einigung kommt nicht zustande. Die Richterin kündigt das Urteil für Dezember 2015 an.
Ein weiterer Mieter zieht aus dem Dachgeschoss aus, weil die Wohnung von Schwamm befallen ist.

– Juli 2015 –

Zeughofstr. 20 und Milieuschutz: Eine Thema für die Bezirksverordnetenversammlung (BVV)

Nachdem die Mieter Gespräche mit der Abteilung Milleuschutz des Bezirksamtes aufgenommen haben, wird das Haus Zeughofstr. 20 in einem Ausschuss der Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg behandelt. Das entsprechende Protokoll kann hier eingesehen werden.

– Juni 2015 –

Einstweilige Verfügungen und Verhinderung von Bauarbeiten, Duldungsklagen

Die Mieter/innen erwirken einstweilige Verfügungen gegen die Demontage der Gasleitungen. Die Hausverwaltung erhebt dagegen Einsprüche, die vom Amtsgericht sämtlich abgelehnt werden. Die Gasleitungen sollen trotzdem abgebaut werden, dies können die Mieter/innen durch Gespräche mit den Bauarbeitern verhindern.
Zwei Mietparteien werden auf Duldung der Modernisierungsmaßnahmen verklagt.
Ein Mieter zieht aus, weil sie dem massiven Druck durch Eigentümer und Hausverwaltung nicht mehr aushält.
Am Baugerüst wird eine undurchsichtige Plane angebracht, die das Leben der Mieter/innen stark beeinträchtigt, weil sie Licht und Luft abschirmt. Die Plane hängt bis heute.

– Mai 2015 –

Schwammbefall im Dachgeschoss, weitere Zerstörungen und Ankündigungen von Baumaßnahmen.

Wegen Schwammbefall im Dachgeschoss zieht ein Mieter aus, hat aber die Option nach 6 Monaten wieder einzuziehen. Durch weitere Zerstörungen im Rahmen von Umbaumaßnahmen im Keller sind zwei weitere Wohnungen mit dem Ausfall von Heizung und Warmwasser betroffen. In einer der Wohnungen lebt eine Familie mit zwei Kleinkindern. Die Hausverwaltung kündigt gleichzeitig die endgültige Demontage der Gasleitungen für vier verbliebene Wohnungen an.

– April 2015 –

Zerstörungen durch Bauarbeiten erschweren das Wohnen beträchtlich.

Durch Baumaßnahmen im Keller werden Kaminzüge zerstört und Reinigungsklappen für die Kamine unbenutzbar. Der Bezirksschornsteinfeger untersagt darauf hin die Nutzung der Ofenheizungen, es kann in den betroffenen Wohnungen nicht mehr geheizt werden.

Die Hausverwaltung kündigt eine bautechnisch bedingte Verlegung der Gasleitungen im Keller an. Die Gasleitungen werden zerstört, in 4 Wohnungen kann nicht mehr gekocht werden, in zweien davon ist auch die Heizung und die Warmwasserbereitung defekt.

– März 2015 –

Alle Mieter/innen lehnen die angekündigten Modernisierungen ab.

Alle Mieter/innen lehnen nach Beratungen durch Mietervereinigungen die Modernisierungsmaßnahmen ab. Gleichzeitig nehmen sie Kontakt zum Bezirksamt auf, denn die Zeughofstr. 20 liegt im Milieuschutzgebiet Luisenstadt, Luxusmodernisierung soll hier nicht stattfinden dürfen. Der Eigentümer bietet daraufhin eine stufenweise Anhebung der Nettokaltmieten auf 10€/qm innerhalb von vier Jahren an, auch dies lehnen die Mieter/innen ab.

– Dezember 2014 –

Die Modernisierungsankündigung geht ein und die Bauarbeiten beginnen.

Die Hausverwaltung Berlin Residential kündigt im Auftrag des Eigentümers eine Modernisierung an, nach deren Durchführung die Mieten auf bis auf 12€/qm steigen sollen. Geplant sind u.a. der Einbau eines Aufzuges sowie der Einbau von zusätzlichen Bädern. In den bisher gewerblich genutzten Etagen des Hinterhauses sollen exklusive Wohnlofts entstehen. Gleichzeitig beginnen die Baumaßnahmen für den Umzug des eiszeit kinos aus dem Hinterhof in den Keller und die Parterre des Vorderhauses. Die meisten Mieter stimmen dieser Modernisierungsankündigung nicht zu, da diese für sie eine Verdreifachung der Mieten bedeuten würde,

– 2013 –

Alles beginnt mit dem Eigentümerwechsel.

Der Münchener Rechtsanwalt und Millionenerbe Maximillian Bernau wird neuer Eigentümer des Hauses, nachdem es in den Jahren zuvor schon mehrfach Eigentümerwechsel gab. Der neue Eigentümer spricht gegenüber den Mietern von einer ’sozialverträgliche Modernisierung‘, die sich auf den Einbau einer Zentralheizung und neuer Fenster beschränken soll.