Ergebnis der Sondierungsgespräche zwischen CDU/CSU und SPD bedeutet freie Fahrt für weitere Verdrängung

Immerhin fanden die Themen Wohnungsbau und Mietentwicklung überhaupt Eingang in das Sondierungsergebnis. Bei den Jamaika-Verhandlungen gab es zu diesen drängenden sozialen Fragen gar keine Vereinbarung. Aber das Ergebnis ist bei genauerer Betrachtung eine Null-Nummer, mit der niemandem in den Städten geholfen ist. Die SPD bleibt damit weit hinter den selbst gesteckten Zielen zurück. Eine erneute GroKo kann so nicht zum Erfolgsprojekt für Sozialdemokrat*innen werden.

Ein mehr als dürres Ergebnis im Bereich Wohnungspolitik

Seit kurzem liegt nun das Ergebnis vor, mit dem die SPD-Führung die eigene Basis davon überzeugen will, der Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU zuzustimmen. Parteichef Martin Schulz redet davon, dass 80% der SPD-Vorstellungen in diesem Papier umgesetzt wären. Was für ein Hohn. Wenn man sich ansieht, welche Beschlüsse die SPD im Bereich Wohnungspolitik in der kurzen Zeit gefasst hat, als sie nach der krachenden Niederlage bei der Bundestagswahl auf dem Weg in die Opposition war, dann hat das Sondierungsergebnis nicht mal 10% SPD-Geschmack.

SPD war auf dem Weg und ist jetzt falsch abgebogen

Denn es war schon recht erstaunlich, was da in den letzten Monaten in den SPD-Gremien an Forderungen und Positionen erarbeitet wurde:
Da war z.B. der Beschluss der Berliner Landes-SPD, den Betrachtungszeitraum des Mietspiegels auf 10 Jahre auszudehnen, Umwandlungen von Mietshäusern in Eigentumswohnungen in Milieuschutzgebieten zu verbieten (Streichung von Ausnahmeregelungen), den Bund zu verpflichten seine Liegenschaftsveräußerungen nicht mehr zum Höchstpreis, sondern vergünstigt für soziale Projekte abzugeben und Share Deals, mit denen sich Immobilien-Fonds um die Grunderwerbsteuer drücken, künftig zu verhindern.
Oder nehmen wir die am Ende der letzten Regierungsperiode auf Eis gelegte Novellierung des „Gesetzes zur Einsparung von Energie und zur Nutzung Erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteerzeugung in Gebäuden“, die als Referentenentwurf im Hause von Justizminister Maas schlummert. In ihr waren Verbesserungen geplant, die der Union dann wohl zu mieterfreundlich waren.
Auch die SPD-Bundestagsfraktion hat ein Papier vorgelegt, das bei Umsetzung durchaus erhebliche Verbesserungen bringen würde (z.B. eine neue Schonfristregelung und besserer Schutz vor Eigenbedarfsklagen).
Mit einem wirklich lesenswerten Initiativantrag zu den Themen Wohnungsbau und Stadtentwicklung auf einer der Landeskonferenzen der SPD wurde dann sogar beschlossen, dass § 559 BGB gestrichen werden soll, der die unbeschränkte Umlagefähigkeit auch der unsinnigsten Modernisierungsmaßnahmen ermöglicht.

Klar, all dies sind erst einmal „nur“ Absichtserklärungen und Neupositionierungen. Aber an diesen inhaltlichen Beschlüssen und nicht an ihrer Politik der letzten Jahre muss die SPD-Basis das Ergebnis ihrer Sondierungsverhandler*innen messen. Und dann kann die Beurteilung nicht gut ausfallen. Vier weitere Jahre Unionspolitik brauchen Deutschlands Städte jedenfalls nicht.

Ergebnis: Reform des Mietspiegels aussitzen, Mietpreisbremse wirkungslos lassen, Modernisierungsumlage als Verdrängungswerkzeug erhalten

Hier die Ergebnisse der Sondierungsgespräche im Wortlaut:

  • Wir werden durch Schaffung gesetzlicher Grundlagen die Einführung und Anwendung des „qualifizierten Mietspiegels“ verbreitern. Die Verlängerung des Bindungszeitraumes für einen qualifizierten Mietspiegel werden wir prüfen.

Das heißt, dass irgendwann im Laufe der nächsten Regierungsperiode eine paritätische Expertenkommission gebildet wird, die im Prinzip die bisherigen Regelungen bestätigt. Da ohnehin niemand davon ausgeht, dass die nächste GroKo 4 Jahre überdauert, wird sich also gar nichts tun.

  • Die Mietpreisbremse wird zum Ende des vorgesehenen Geltungszeitraumes auf Wirksamkeit und insbesondere unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus der Rechtsprechung evaluiert.

Siehe oben. Da passiert gar nichts. Alle wissen, dass die Mietpreisbremse in der jetzigen Form wirkungslos ist – es ist statistisch und wissenschaftlich hinreichend bewiesen. Die neue GroKo will es dabei belassen. Na Danke!

  • Im Bereich der energetischen Gebäudesanierung werden die Anforderungen der EnEV 2016 weiterhin maßgeblich sein, damit weiterer Kostenauftrieb für die Mietpreise vermieden wird. Die anzustrebenden CO2-Einsparungen können auch auf Quartiers- und Siedlungsebene bilanziert werden.
  • Modernisierungsumlagen sollen nicht zu unverhältnismäßigen Mieterhöhungen führen. Wir werden die Modernisierungsumlage mit Blick auf die gesunkenen Zinsen absenken und an den Zinsverlauf anpassen.

Hier ist also zu erwarten, dass die Modernisierungsumlage etwas abgesenkt wird. Wahrscheinlich von 11% auf 8-9%. D.h. weiterhin muss kein Wirtschaftlichkeitsnachweis erbracht werden und die Umlage wird auch nicht zeitlich begrenzt. Damit bleibt die Modernisierungsumlage ein Instrument, um Mieten extrem zu steigern, mit dem Ziel, Menschen mit alten Mietverträgen zu verdrängen.

An die SPD-Basis: Sagt NEIN! Denn das ist alles nicht ausreichend!

Deutschlands Städte brauchen eine andere Politik und kein weiter so, wie in den letzten Jahrzehnten.

10 Punkte, die von der GroKo in der Stadtpolitik angegangen werden müssen