Stellungnahme zur Schmutzkampagne: Falschdarstellung, Stimmungsmache, Drohgebärde

Seit Monaten läuft eine Schmutzkampagne gegen den Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, der gemeinwohlorientierte Politikansätze der Renditejagd im Bezirk entgegenstellt und dazu die Kooperation mit zivilgesellschaftlichen Akteuren sucht. Mit einem BZ-Artikel hat diese Kampagne jetzt eine neue Dimension bekommen: In den Fokus von FDP, CDU und Springerpresse geraten nun auch die Unterstützer*innen einer fortschrittlichen Wohn- und Stadtpolitik. Krampfhaft wird versucht, einen Filz rund um Florian Schmidt zu konstruieren: “Hat Chaos-Stadtrat Florian Schmidt seinen Kumpel mit einem lukrativen Auftrag versorgt?”. Dies hat zum Ziel, Akteure einer gemeinwohlorientierten Stadt- und Wohnpolitik zu diskreditieren und einzuschüchtern. Dabei wird weder davor zurückgeschreckt, Einzelne mit einer Rufmordkampagne zu überziehen, noch mit gezielten Falschmeldungen zu arbeiten. 

1. Wir weisen die falsche Darstellung als populistische Stimmungsmache und Drohgebärde gegenüber zivilgesellschaftlichem Engagement zurück

Rein rhetorisch fragt die BZ in ihrer Überschrift “Hat Chaos-Stadtrat Florian Schmidt seinen Kumpel mit einem lukrativen Auftrag versorgt?”. Der Eindruck soll erweckt werden, dass der ohnehin quasi kriminelle Schmidt (an anderer Stelle auf der Seite wird auf Strafanzeigen von FDP- und CDU-Politiker*innen gegen ihn wegen angeblicher Aktenmanipulation verwiesen) engen Freunden Aufträge zuschanze. Gemeint ist hier die LokalBau-Strategie des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg, durch die bezahlbarer und bedarfsgerechter Neubau auf öffentlichen Grundstücken entstehen soll. Zur Umsetzung dieser Strategie hatte das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg 2018 einen Auftrag zum Aufbau einer Plattform öffentlich ausgeschrieben. Den Zuschlag im regelgerecht durchlaufenen Vergabeverfahrens bekam, als qualifizierter einziger Bewerber, ein Team der Agentur studio adhoc GmbH.

Was diesen Vorgang für die BZ nun, über ein Jahr später, „brisant“ machen soll – die CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus spricht  gar von „Günstlingswirtschaft“ – ist schlichtweg die Tatsache, dass an diesem Team jemand beteiligt ist, der privat stadtpolitisch aktiv war und ist: Magnus engagiert sich seit 2015 mit uns in der Nachbarschaftsinitative Bizim Kiez.

Als Bizim Kiez haben wir –  parteiunabhängig und allesamt ehrenamtlich (einen „Sprecher“ hat Bizim Kiez übrigens nicht) – in den vergangen fünf Jahren Druck für einen wohnpolitischen Politikwechsel gemacht und dabei wichtige Stichworte für Mieter*innenschutz und Gemeinwohl gegeben, die auch von Akteuren in der Bezirkspolitik sowie in Landes- und Bundespolitik aufgegriffen wurden. Magnus bringt seine Kompetenzen und Ideen zudem in weiteren Initiativen und Projekten ein. Dass ihm just aus diesem bürgerschaftlichem Engagement von BVV-Abgeordneten der FDP sowie der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus –  mit Verbindungen in die Redaktionen von Tagesspiegel, BZ und BILD – ein Strick gedreht werden soll, ist mit Blick auf die demokratische Kultur ein so beschämender wie entlarvender Vorgang.

Denn die Unterstellung, allein durch diese Aktivitäten gegen Verdrängung und für Milieuschutz zu einem „Kumpel“ (BZ) bzw. “Vertrauten” (CDU, Tagesspiegel Checkpoint) des Baustadtrats zu werden, bedeutet faktisch: Wer stadtpolitisch gegen die Renditeinteressen der Marktradikalen aktiv ist, soll davon ausgeschlossen sein, vom Bezirk vergebene Aufträge anzunehmen. Andernfalls läuft er oder sie Gefahr, ebenfalls ins Visier einer medialen Schmutzkampagne zu geraten.

Bizim Kiez hatte am 29.01.2020 zusammen mit 39 anderen Initiativen zu einer Kundgebung für eine aktive Milieuschutz- und Vorkaufspolitik vor der BVV Friedrichshain-Kreuzberg aufgerufen. Dieses Initiativenbündnis hat die mit Verzerrungen und Falschbehauptungen gespickten Angriffe gegen Florian Schmidt als das gewertet, was sie in ihrem Kern sind: als Angriffe auf die Ziele der Mieter*innenbewegung. Aus diesem Aufruf zur Kundgebung wird nun ein Filz konstruiert, der Kundgebungsaufruf der vierzig Initiativen wird gegen die Integrität von Magnus als Auftragnehmer in Stellung gebracht (Zitat CDU Fraktion: “Dieser soll dann Demos in [sic] der Bezirksverordnetenversammlung organisiert haben.”).  Das heißt also: Wer sein grundgesetzlich garantiertes Demonstrationsrecht wahrnimmt, darf offenbar aus Sicht der CDU keine öffentlichen Aufträge annehmen oder muss damit rechnen, mit ehrenrührigen Korruptionsanwürfen überzogen zu werden.

Das ist eine klägliche, nichtsdestoweniger inakzeptable Drohgebärde gegenüber unserem zivilgesellschaftlichen Engagement.

Wir sehen in dieser Verleumdung auch den Versuch, die erklärte Strategie des Bezirksamts zu torpedieren, verstärkt mit Akteuren der Zivilgesellschaft in konkreten gemeinwohlorientierten Projekten kooperieren zu wollen und hierzu tragfeste Strukturen zu schaffen. Die unverhohlene rechte Drohung lautet: Wenn sich bezirkspolitische Akteure, wie ein Baustadtrat, nicht zunehmend persönlichen Angriffen ausgesetzt sehen möchten, dürften ihre Verwaltungen keine Aufträge an Menschen mit stadtbewegungspolitischen Biographien vergeben oder solche Personen einstellen.

Bei Bizim Kiez sehen wir übrigens keinen Widerspruch darin, dass wir die aufwändige Initiativenarbeit unbezahlt bestreiten, während es Mitstreiter*innen selbstverständlich frei steht, womöglich in verwandten Tätigkeitsfeldern ihre Miete zu verdienen und ihre Expertise auch entlohnt in z.B. Mieterberatungen, Genossenschaften, Verbänden oder (Selbst-)Verwaltungsstrukturen einzubringen. Und selbstverständlich gehört dazu, dass sich stadtpolitisch aktive Freiberufler*innen auf thematisch passende öffentliche Aufträge bewerben können.

2. Die LokalBau-Strategie des Bezirks geht in die richtige Richtung

Berlin braucht neben Bestandsschutz viele neue Wohnungen, die aber unbedingt “bezahlbar” sein müssen. Deshalb werden wir nicht einfach zusehen, wie auf den verbliebenen Flächen  renditegetriebene Investor*innen nur Luxusapartments als Eigentumswohnungen bauen. Wir verlangen vom Bezirk, seine Möglichkeiten auszuschöpfen, hier gegenzusteuern und gemeinwohlorientierte Immobilienprojekte strategisch zu fördern. Eben das wird mit der LokalBau-Strategie nun endlich ansatzweise versucht. Nachdem in der Vergangenheit die Profitinteressen der Eigentümer zumeist die Interessen der Kiezbewohner*innen ausstachen, soll jetzt mit der von LokalBau verfolgten‚ kooperativen Immobilienentwicklung‘ auf eine Zusammenarbeit von zivilgesellschaftlichen gemeinwohlorientierten Akteuren mit kommunalen Behörden und Wohnungsbaugesellschaften gesetzt werden. Logisch, dass für die Umsetzung einer solchen kooperativen Strategie insbesondere Leute gesucht sind, die Erfahrungen und Fähigkeiten aus stadtpolitischem Aktivismus einbringen können.

‚Kooperative Entwicklung‘ soll darauf angelegt sein, dass sich zivilgesellschaftliche Selbstorganisation und Verwaltungshandeln mit Blick für die Daseinsvorsorge aufeinander zubewegen. Das begrüßen wir. Dass dieser Ansatz im Konflikt mit marktradikalen Politikkonzepten steht, ebenfalls.

Was für uns ein längst überfälliger Schritt in die richtige Richtung ist, ist für FDP, CDU, B.Z. und Co. offenbar bereits eine solch große Provokation und Bedrohung, dass dagegen mobil gemacht wird – zeigt es ihnen doch einmal mehr, dass dank einer erstarkten stadt- und mietenpolitischen Bewegung die Jahrzehnte vorbei sind, in denen die Stadt als Beute und als persönlicher Selbstbedienungsladen betrachtet werden konnte.

Alles in allem: Dies ist ein erbärmlicher Versuch der Marktextremist*innen, noch irgendwie Land zu gewinnen in den Auseinandersetzungen um die Frage nach der Stadt, in der wir leben wollen. Sie werden es wohl nötig haben.

Bizim Kiez am 9. März 2020


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