Der Bizim-Kiez Kurzleitfaden für MieterInnen für den Fall der Modernisierung

Leider gehört die Modernisierung auch in unserem Kiez mittlerweile zu einer von Hauseigentümern der gerne genutzten Möglichkeiten , die Mieten zu erhöhen und die Menschen damit nicht selten aus ihren Wohnungen zu verdrängen. Der folgende Kurzleitfaden soll für MieterInnen eine erste Orientierung bieten,051113-a-fahrstuhl wie sie handeln können – den Gang zu einer Mieterberatung oder einem/einer Anwältin/einem Anwalt kann und soll er nicht ersetzen! Übrigens ist ein guter Artikel mit ausführlicheren Informationen zu dem Thema auf der Seite der BMGEV (http://www.bmgev.de/mietrecht/tipps-a-z/artikel/modernisierung.html) zu finden!

 

1. Das Problem

Mit der Mietrechtsreform 2013 ist es für Vermieter noch leichter geworden, Modernisierungen durchzuführen und die Mieten für AltmieterInnen zu erhöhen: Bis zu 11 % pro Jahr können sie die Modernisierungskosten auf die jährliche Miete umlegen – das kann in schwerwiegenden Fällen bis zu einer Verdreifachung der bisherigen Kaltmieten führen. Verschlechtert haben sich vor allem die Möglichkeiten für MieterInnen, solche Modernisierungen zu verhindern, die nicht nur der Herstellung eines sog. „allgemeinüblichen Zustands“ (dazu weiter unten mehr) dienen. Das ist aber kein Grund, jede Modernisierung einfach hinzunehmen: Es gibt nach wie vor Chancen, das Schlimmste zu verhindern.

2. Erste Schritte

Falls eine Modernisierung angekündigt wird, schließt euch mit den anderen MieterInnen im Haus zusammen und sucht rechtlichen Rat! Wendet euch an einen der Berliner Mieterschutzorganisationen – z.B. die Mietergemeinschaft – und gerne auch an Bizim Kiez – (Selbst-)Organisation, Öffentlichkeit und die fachgemäße Unterstützung durch eine/n engagierte/n Anwalt/Anwältin können vieles bewegen!

3. Eine wichtige Unterscheidung: Modernisierung oder „Erhaltung der Mietsache“?

Wichtig ist bei angekündigten (Bau)Maßnahmen zu unterscheiden zwischen Modernisierung und Erhaltung, denn zur Erhaltung der Mietsache ist jeder Vermieter rechtlich verpflichtet und für diese Kosten muss er selbst aufkommen – eine Umlage auf die Miete ist dabei also nicht möglich! Von Erhaltung spricht das Gesetz im Fall der Instandhaltung oder Instandsetzung der Mietsache (§ 555 a BGB), also solchen Maßnahmen, die den Zustand der Wohnung erhalten (Instandhaltung) oder Mängel beseitigen sollen, um ihren vertragsgemäßen Zustand erst herzustellen.

Von Modernisierung (deren Kosten also auf die Miete aufgeschlagen werden können) spricht man dann, wenn bauliche Veränderungen vorgenommen werden, durch die in Bezug auf die Mietsache nachhaltig Energie eingespart wird (energetische Modernisierung), durch die nicht erneuerbare Primärenergie nachhaltig eingespart oder das Klima nachhaltig geschützt wird, durch die der Wasserverbrauch nachhaltig reduziert wird, durch die der Gebrauchswert der Mietsache nachhaltig erhöht, die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessert werden oder neuer Wohnraum geschaffen wird (§ 555 b BGB). Beispiele sind der Einbau von Wasserzählern oder die Umrüstung auf sparsame Toiletten, die Installation einer Solaranlage, die Verbesserung von Zuschnitt, Belichtung, Schallschutz einer Wohnung, der Einbau eines Aufzugs oder die Schaffung / der Ausbau von Grünanlagen auf dem Grundstück (weitere Beispiele sind unter (http://www.bmgev.de/mietrecht/tipps-a-z/artikel/modernisierung.html zu finden).

4. Modernisierungsankündigung

Solche Modernisierungen muss der Vermieter vorher ankündigen (§ 555 c BGB) – und zwar spätestens 3 Monate vor Beginn der Arbeiten. Dies muss schriftlich geschehen, Dauer und Umfang der Arbeiten müssen angegeben werden, und außerdem muss der Vermieter die zu erwartende Mieterhöhung beziffern. Der Vermieter muss zudem auf das Recht der MieterInnen hinweisen, gegen die Durchführung der Arbeiten oder zumindest gegen die Erhöhung der Miete fristwahrend einen sog. Härtefall geltend zu machen (dazu gleich mehr). Auch die Modernisierungsankündigung an sich ist wichtig: Bleibt diese aus und wehrt sich der/die MieterIn, kann die Modernisierung (außer bei einem sog. Bagatellfall, § 555 c IV BGB) ggf. per einstweiliger Verfügung gestoppt werden!

Umgekehrt steht eine fehlende Modernisierungsankündigung der (dann allerdings um 6 Monate verzögerten, § 559 b Absatz 2 Nr.1 BGB) Mieterhöhung nicht entgegen, wenn der/die MieterIn diese duldet! Als eine stillschweigende Duldung kann es ausgelegt werden, wenn ihr die eigenmächtige Ausführung von Modernisierungsarbeiten in eurer Wohnung zulasst (also keine Handwerker in die Wohnung lassen!) oder im Fall von Außenmodernisierungen (im Hausflur, an der Fassade etc.) nicht explizit und nachweisbar widersprecht oder ggf. sogar eine einstweilige Verfügung gegen den Vermieter erwirkt. Werdet in solchen Fällen also unbedingt aktiv, lasst euch beraten!

5. Duldungspflicht, Ausschlussfrist!

Eine wichtige Frage für alles Weitere ist, ob ihr die Modernisierung – nicht die Umlage auf die Miete! – dulden müsst. Grundsätzlich muss der/die MieterIn die Modernisierungsarbeiten dulden (§ 555 d I BGB). Das ist uneingeschränkt dann der Fall, wenn die Modernisierung nur der Herstellung eines „allgemein üblichen Zustands“ dient – also (so die höchstrichterliche Rechtsprechung) auf den Ausstattungsstandard von mindestens 2/3 der Wohnungen in der Region (=Berlin) gebracht werden soll. Gegen den erstmaligen Einbau einer zeitgemäßen Heizung oder eines Innenbads ist damit wenig auszurichten. Außerdem bleiben Härtefälle dann außer Betracht, wenn der Vermieter die Modernisierung „nicht zu vertreten hat“, also durch gesetzliche Vorgaben (z.B. zur energetischen Sanierung) verpflichtet ist.

Für alle übrigen Modernisierungsmaßnahmen gilt, dass eine Duldungspflicht (nur) dann nicht besteht, wenn sie für die MieterInnen oder ihre Familie eine nicht zu rechtfertigende Härte darstellen, § 555 d II BGB. In diesem Fall kann also schon die Ausführung der Modernisierung selbst verhindert werden! Die Kasuistik zu derartigen Härtefällen ist umfangreich, auch diesbezüglich ist deshalb eine anwaltliche Beratung dringend zu empfehlen. Beispielsweise liegt ein Härtefall vor, wenn die vorzunehmenden Arbeiten zu erheblichen Beeinträchtigungen führen (z.B. Bad und Toilette insbesondere älterer MieterInnen für längere Zeit nicht benutzt werden können) oder unzumutbare bauliche Folgen haben (z.B. bei Veränderung des Grundrisses), wenn eine Luxusmodernisierung geplant ist oder unzumutbare Arbeiten (z.B. die Erneuerung der Heizung im Winter) ausgeführt werden sollen (weitere Beispiele bei http://www.bmgev.de/mietrecht/tipps-a-z/artikel/modernisierung.html). Eine sog. „finanzielle Härte“ führt seit der Mietrechtsreform 2013 aber leider nicht mehr zum Ausschluss der Duldungspflicht (§ 555 d II S. 2 BGB), kann aber die Mieterhöhung verhindern (dazu unten mehr)!

Ein Härtefall muss – zumindest wenn eine ordnungsgemäße Modernisierungsankündigung vorliegt – unbedingt bis zum Ende des Monats, der auf die Ankündigung folgt, in „Textform“ (§ 126 b BGB), also durch Brief, Fax, Email o.ä., beim Vermieter geltend gemacht werden (555 d III BGB)! Wird diese Frist verpasst, ist der Einwand ausgeschlossen!

6. Wenn die Modernisierung geduldet werden muss: Es bleiben Mittel und Wege!

a. Abzug von Erhaltungskosten und Anrechnung von Drittmitteln

Erhaltungskosten also Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen können – wie angesprochen – nicht umgelegt werden und sind vom Vermieter von den Modernisierungskosten abzuziehen, auch dann, wenn sie gleichzeitig mit der Modernisierung durchgeführt werden,. Wichtig ist, dass Mängel und Instandhaltungsrückstände vor der Modernisierung (am besten per Foto und Mängelliste), idealerweise gemeinsam mit anderen Mietern, dokumentiert werden, da sonst später Beweisprobleme entstehen können. Manche Vermieter versuchen, Instandhaltungen auflaufen zu lassen, um sie dann als Teil einer Modernisierung auszulegen und die Kosten auf die Mieter umzulegen.

Hat der Vermieter für bestimmte Modernisierungsarbeiten öffentliche Fördermittel bekommen, kann er die durch diese getragenen Modernisierungskosten nicht auf die Mieter umlegen (§559 a BGB). Auch Mieterzuschüsse, Kapital-, Finanzierungs- und Verwaltungskosten und ein überzogener Modernisierungsaufwand, der über die tatsächlich notwendigen Kosten hinausgeht, dürfen nicht umgelegt werden!

b. Mieterhöhungserklärung

Erst wenn alle Modernisierungsarbeiten abgeschlossen sind, darf der Vermieter die Miete erhöhen. Die Mieterhöhungserklärung muss ordnungsgemäß sein, das heißt, sie muss die tatsächlichen Kosten und die einzelnen Modernisierungspositionen für eure Wohnung transparent, und die Berechnungsgrundlage für die Mieterhöhung deutlich machen. Auch hier lohnt sich die Beratung durch eine Mieterschutzorganisation. Fällig ist die erhöhte Miete ab dem dritten Monat nach Zugang der Mieterhöhungserklärung (§ 559 II BGB)

c. Wohngeld

Nach einer Mieterhöhung kann ein Anspruch auf Wohngeld bestehen!

c. Mietminderung/Aufwendungsersatz

Außer bei energetischen Modernisierungen, bei denen eine Minderung während der ersten 3 Monate der Arbeiten ausgeschlossen ist, besteht wegen der Beeinträchtigungen durch Modernisierungsarbeiten ein Minderungsrecht. Wichtig ist die (am besten: anwaltliche) Beratung vor einer Minderung – wird ungerechtfertigt oder zu hoch gemindert, kann das zu einer Kündigung wegen Zahlungsverzugs führen! Gemäß §§ 555 d VI, 555 a III hat der Vermieter außerdem Aufwendungsersatz zu leisten, muss also Ausgaben erstatten, die ihr wegen der Modernisierung zusätzlich (für eine Ausweichwohnung o.ä.) habt.

d. Verhinderung der Mieterhöhung wegen Vorliegens einer finanziellen Härte, Index- und Staffelmiete

Und schließlich kann gegen die Mieterhöhung selbst vorgegangen werden, wenn sie eine „finanzielle Härte“ darstellt, die auch unter Berücksichtigung der Interessen des Vermieters nicht gerechtfertigt ist (§ 559 Absatz 4 BGB). Eine finanzielle Härte liegt nach der Rechtsprechung grundsätzlich vor, wenn die Miete nach der Mieterhöhung auf 30 % (teilweise 40 %) des Netto-Einkommens der Partei(en) des Mietvertrags bzw. sämtlicher Haushaltsmitglieder ausmachen würde. Die finanzielle Härte muss vor Gericht durch die Offenlegung der Einkommensverhältnisse nachgewiesen werden. Sie wird nicht berücksichtigt, wenn das Amt weiterhin die volle Miete zahlt, die erhöhte Miete durch Wohngeld aufgefangen wird oder die Miete nach der Modernisierung nur wegen übermäßig großen Wohnraums zu hoch ist.

Wie schon bei der Frage nach der Duldungspflicht kann eine finanzielle Härte nicht gegen die Mieterhöhung angeführt werden, wenn die Modernisierung der Herstellung eines „allgemeinüblichen Zustands“ dient, oder der Vermieter sie nicht zu vertreten hat.

Auch die finanzielle Härte muss – wenn eine ordnungsgemäße Modernisierungsankündigung vorliegt – grundsätzlich zwingend in Textform bis zum Ablauf des Monats, der auf die Modernisierungsankündigung folgt, geltend gemacht werden!!!

Wichtige Ausnahmen: Modernisierungskosten können nicht auf die Miete umgelegt werden, wenn im Mietvertrag eine Indexmiete (bei der im Mietvertrag die Anpassungsmöglichkeit an einen vom statistischen Bundesamt ermittelten Preisindex vereinbart wird, § 557 b BGB) oder eine Staffelmiete vorgesehen ist (dann sind konkrete Mieterhöhungen bereits festgeschrieben, § 557 a BGB). Bei der Staffelmiete ist eine Mieterhöhung in der Folge einer Modernisierung grundsätzlich ausgeschlossen; im Fall der Indexmiete können nur die Kosten für Modernisierungen umgelegt werden, die der Vermieter nicht zu vertreten hat (s.o.).