Milieuschutz: Vorkaufsrecht endlich nutzbar machen

 

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In Milieuschutzgebieten haben Bezirke unter bestimmten Bedingungen ein Vorkaufsrecht, um Wohnhäuser vor Spekulation zu schützen. Zumindest theoretisch – in der Realität scheitern Vorkäufe an mangelnder Finanzierbarkeit. Ein Grüner Antrag, der gestern im Bezirksparlament verabschiedet wurde, will das ändern. Ein weiterer Antrag zielt auf einen konkreten Ankauf.

Die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen ist einer der stärksten Verdrängungsmotoren. Als Bezirk stecken wir in dem Dilemma, dass uns mit dem Vorkaufsrecht zwar auf dem Papier ein wirkungsvolles Instrument gegen Spekulation zur Verfügung steht, wir dieses aber nicht umsetzen können, weil uns schnell verfügbare Gelder fehlen“, sagt Baustadtrat Hans Panhoff (Bündnis 90/Die Grünen).

Bei einem Ankauf könnten Bezirke – z. B. in Kooperation mit einer landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft – auf den von den Grünen im Antrag geforderten, landesweiten Ankauffonds zurückgreifen. „Andere Städte wie Hamburg und München nutzen das Instrument der Anmeldung des Vorkaufsrechts längst, um sich gegenüber dem Eigentümer in eine bessere Verhandlungsposition zu bringen. Ein Ankauf ist dann meist gar nicht mehr nötig. Stattdessen werden häufig so genannte Abwendungsvereinbarungen geschlossen, die bezahlbare Mieten und Mieterrechte sichern“, sagt Andreas Weeger (Bündnis 90/Die Grünen), Mitglied im Stadtplanungsausschuss. Ein realistisches Ankaufsszenario erfordere aber schnelles Handeln innerhalb der vorgeschriebenen Zweimonatsfrist. Ein solches sei den Bezirken bisher jedoch wegen fehlender Gelder finanziell und aus haushaltstechnischen Gründen zeitlich unmöglich: „Alle Investoren wissen das. Deshalb benötigen wir ein glaubwürdiges Drohpotenzial. Am Ende werden aber nur für wenige Objekte tatsächlich die Mittel aufgebracht werden müssen. Es ist unverständlich, dass Berlin diese eigentlich preiswerte Möglichkeit zur Sicherung von Mieterrechten bisher nicht nutzt.“

Vom Ankaufsrecht soll aber auch schon vor der Einrichtung des Fonds Gebrauch gemacht werden, fordert ein weiterer Antrag: Der Bezirk soll alle gangbaren Wege beschreiten, den Ankauf des Grundstücks Wrangelstraße 66 durch Dritte möglich zu machen. Der Besitzer will die 30 Mietwohnungen des Hauses als Eigentumswohnungen anbieten; die Mieter sind von Verdrängung bedroht. Ein Erfolg und ein Ankauf beispielsweise durch eine Stiftung wäre ein wichtiger Präzedenzfall.

Zum Hintergrund: Das Vorkaufsrecht wurde in jüngster Zeit nur einmal vom Bezirk Tempelhof-Schöneberg eingesetzt, als dieser der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) von Spekulation bedrohte Häuser in der Großgörschen-/Katzlerstraße abkaufte. Das konnte jedoch nur mit direkter politischer Unterstützung des Berliner Senates gelingen. Diese Möglichkeit soll durch den landesweiten Ankauffonds institutionalisiert, beschleunigt und verbessert werden. Der zuvor von der BImA angestrebte Verkauf zum Höchstpreis galt vielen als Negativbeispiel für die Liegenschaftspolitik des Bundes.

Quelle: Antrag B’90/Die Grünen

 

 

 



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Öffentliche Sitzung der BVV Friedrichshain-Kreuzberg – @ap

 

 

 

Offizielle Veröffentlichungen
der BVV Friedrichshain-Kreuzberg:

( Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebieten durch
Ankauffonds endlich nutzbar machen
)


StadtQM 21.10.2015

Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:

Das Bezirksamt wird beauftragt, erneut an den Berliner Senat heranzutreten und sich dafür einzusetzen, dass dieser die Bezirke strukturell und finanziell durch die Errichtung eines Ankauffonds zur Ausübung des Vorkaufsrechts bei strategisch bedeutsamen und zentralen Grundstücken sowie zwecks Sicherung bezahlbarer Mieten unterstützt. Auf diesen Ankauffonds könnten die Bezirke, zum Beispiel in Kooperation mit einer landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft im Ankaufsfall zurückgreifen – analog zur Drucksache „Wohnungsbaufonds auch für bezirkliches Vorkaufsrecht nutzen“ (DS/0929/IV). Der Senat soll diese Unterstützung in ein Regelverfahren überführen, um eine Gleichbehandlung der Bezirke zu gewährleisten.

Mittlerweile hat der Senat durch den Erlass der Umwandlungsverordnung zum Ausdruck gebracht, dass er nun ebenfalls Handlungsbedarf bei der um sich greifenden Umwandlung von Mietobjekten in Eigentumswohnungen sieht. Genau wie durch die Umwandlungsverordnung könnte der Senat durch einen schnell verfügbaren Ankauffonds Milieuschutzgebiete wieder zu einem wirksamen Instrument der Stadtentwicklungspolitik machen.

Vorreiter hierbei sind Hamburg und München, die zwar nur wenige Häuser tatsächlich kaufen, jedoch eine glaubwürdige Option für einen solchen Aufkauf zum Verkehrswert aufgebaut haben. Deshalb können in den meisten Fällen mit Eigentümerinnen und Eigentümern sogenannte Abwendungsvereinbarungen ausgehandelt werden, die den Mieterinnen und Mietern Schutzrechte sowie preiswerte Mieten gewähren, die ohne diese Möglichkeit – bei einem normalen Verkauf – nicht gesichert werden könnten. Der Kauf durch die öffentliche Hand und zum Verkehrswert wird durch diese Vereinbarungen abgewendet, im Gegenzug verpflichten sich die Eigentümerinnen und Eigentümer zu mehr Mieterschutz.

Wichtig bei der Wahrnehmung des Vorkaufsrechts und der Errichtung des Fonds ist die Ausgestaltung der Verfahren und Geschwindigkeit der Mittelfreigabe. Soll ein glaubwürdiges Ankaufszenario aufgebaut werden, muss der Fonds über Entscheidungsmechanismen verfügen, die die Untersetzung einer Finanzierung innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Zweimonatsfrist zur Ausübung des Vorkaufsrechts möglich macht. Für alle anderen notwendigen Schritte muss ebenfalls noch genügend Zeit verbleiben, weshalb die reine Entscheidung zur Finanzierung deutlich schneller erfolgen können muss. Auf diese Weise würden die Bezirke mit Hilfe des Landes in die Lage versetzt, die notwendige Finanzierung für einen Aufkauf innerhalb der gesetzlichen Fristen sicherstellen zu können. Bisher ist dies aus mangelnden Finanzmitteln der Bezirke und aus haushaltstechnischen Gründen im Regelfall nicht möglich.

Begründung:

Dem Bezirk Tempelhof-Schöneberg hat der Senat zur Androhung und Ausübung des Vorkaufsrechts Unterstützung zugesichert. Dies begrüßt die Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg ausdrücklich. Um diese Möglichkeit als Instrument einer gestaltenden Stadtentwicklungspolitik nutzen zu können, muss sie jedoch in ein geeignetes Standardverfahren überführt werden.

Denn das Vorkaufsrecht muss innerhalb von zwei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags gegenüber dem Verkäufer ausgeübt werden. Darin liegt das Problem: Die Bezirke sind nicht in der Lage, in diesem kurzen Zeitraum die notwendige Finanzierung bereitzustellen bzw. mit Partnern zu organisieren. In der regulären Haushaltswirtschaft der Bezirke ist es nahezu unmöglich das Vorkaufsrecht der Gemeinde innerhalb der Zweimonatsfrist auszuüben. Die Bezirke verfügen nicht über ausreichende Mittel, um so große Summen in ihren Haushalten für Aufkäufe zu reservieren. Für einen eigenen Haushaltstitel in den Bezirkshaushalten zum Ankauf von Grundstücken fehlt schlicht das Geld. Daneben müssen größere Grundstückskäufe auch immer noch einmal durch das Abgeordnetenhaus von Berlin genehmigt werden. Somit scheitert die Wahrnehmung des Vorkaufsrechts in der Praxis bisher meist an den kurzen Fristen und den finanziellen Möglichkeiten der Bezirke.

Deshalb ist die Konstruktion eines speziellen Ankauffonds mit verschlankten Entscheidungsmechanismen zur kurzfristigen Bereitstellung der Finanzmittel durch die Landesebene eine Möglichkeit, wirksam und glaubwürdig eine Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Bezirke anzukündigen, wenn die Landesebene nicht dazu bereit ist, den finanziellen Spielraum der Bezirke selbst grundsätzlich und in größerem Umfang auszudehnen.

Unter den derzeit gegebenen Bedingungen wissen Eigentümerinnen und Eigentümer genau, dass es sich bei Überlegungen zum Vorkaufsrecht der Bezirke nur um leere Drohungen handeln kann, da die Bezirke niemals in der Lage sind, so schnell so große Summen bereitzustellen.

 


28.10.2015

Die Bezirksverordnetenversammlung beschließt:

Das Bezirksamt wird beauftragt, erneut an den Berliner Senat heranzutreten und sich dafür einzusetzen, dass dieser die Bezirke strukturell und finanziell durch die Errichtung eines Ankauffonds zur Ausübung des Vorkaufsrechts bei strategisch bedeutsamen und zentralen Grundstücken sowie zwecks Sicherung bezahlbarer Mieten unterstützt. Auf diesen Ankauffonds könnten die Bezirke, zum Beispiel in Kooperation mit einer landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft im Ankaufsfall zurückgreifen – analog zur Drucksache „Wohnungsbaufonds auch für bezirkliches Vorkaufsrecht nutzen“ (DS/0929/IV). Der Senat soll diese Unterstützung in ein Regelverfahren überführen, um eine Gleichbehandlung der Bezirke zu gewährleisten.

Mittlerweile hat der Senat durch den Erlass der Umwandlungsverordnung zum Ausdruck gebracht, dass er nun ebenfalls Handlungsbedarf bei der um sich greifenden Umwandlung von Mietobjekten in Eigentumswohnungen sieht. Genau wie durch die Umwandlungsverordnung könnte der Senat durch einen schnell verfügbaren Ankauffonds Milieuschutzgebiete wieder zu einem wirksamen Instrument der Stadtentwicklungspolitik machen.

Vorreiter hierbei sind Hamburg und München, die zwar nur wenige Häuser tatsächlich kaufen, jedoch eine glaubwürdige Option für einen solchen Aufkauf zum Verkehrswert aufgebaut haben. Deshalb können in den meisten Fällen mit Eigentümerinnen und Eigentümern sogenannte Abwendungsvereinbarungen ausgehandelt werden, die den Mieterinnen und Mietern Schutzrechte sowie preiswerte Mieten gewähren, die ohne diese Möglichkeit – bei einem normalen Verkauf – nicht gesichert werden könnten. Der Kauf durch die öffentliche Hand und zum Verkehrswert wird durch diese Vereinbarungen abgewendet, im Gegenzug verpflichten sich die Eigentümerinnen und Eigentümer zu mehr Mieterschutz.

Wichtig bei der Wahrnehmung des Vorkaufsrechts und der Errichtung des Fonds ist die Ausgestaltung der Verfahren und Geschwindigkeit der Mittelfreigabe. Soll ein glaubwürdiges Ankaufszenario aufgebaut werden, muss der Fonds über Entscheidungsmechanismen verfügen, die die Untersetzung einer Finanzierung innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Zweimonatsfrist zur Ausübung des Vorkaufsrechts möglich macht. Für alle anderen notwendigen Schritte muss ebenfalls noch genügend Zeit verbleiben, weshalb die reine Entscheidung zur Finanzierung deutlich schneller erfolgen können muss. Auf diese Weise würden die Bezirke mit Hilfe des Landes in die Lage versetzt, die notwendige Finanzierung für einen Aufkauf innerhalb der gesetzlichen Fristen sicherstellen zu können. Bisher ist dies aus mangelnden Finanzmitteln der Bezirke und aus haushaltstechnischen Gründen im Regelfall nicht möglich.

Quelle:
Drucksache – DS/1845/IV

Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebieten durch Ankauffonds endlich nutzbar machen