Milieuschutz im Wrangelkiez

Dieses Dossier der Bizim Kiez Arbeitsgruppe Recherche soll über politische und juristische Hintergründe zum sogenannten Milieuschutz aufklären. Hier der Text zum Download: Milieuschutz Bizim Kiez

Was ist Milieuschutz?

Der Wrangelkiez ist, wie fast das ganze alte SO 36 oder der Graefekiez, ein sogenanntes Milieuschutzgebiet. In einem Milieuschutzgebiet sollen Veränderungen bei der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung durch Verdrängung wenigstens verlangsamt werden. Grundlage dafür ist eine Satzung des Bezirksamts nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 BauGB (Erhaltungsverordnung).

Der Schutz soll dadurch erreicht werden, dass Eigentümer für die Änderung, die Nutzungsänderung, der Rückbau und die Errichtung baulicher Anlagen eine besondere Genehmigung brauchen. In Kreuzberg sind z.B. Einbauküchen, ein zweites WC und großzügige Grundrisse in sanierten Wohnungen verboten. Außerdem der Einbau einer Fußbodenheizung, eines Innenkamins, die Schaffung von zur Wohnung gehörigen Stellplatzanlagen. Wärmedämmmaßnahmen sind nur möglich, wenn Einsparungen nachgewiesen werden. Einzelheiten finden sich hier: „Prüfkriterien für die Umsetzung der sozialen Erhaltungsverordnung“ (PDF)

Aber: Modernisierungen müssen grundsätzlich genehmigt werden, wenn dadurch der „zeitgemäße Ausstattungszustand einer durchschnittlichen Wohnung“ hergestellt wird. Etwa der Einbau einer Heizung in eine Wohnung mit Kohleöfen. So kann es trotz Milieuschutz zu Mieterhöhungen kommen.

Ecke Wrangelstraße / Falkensteinstraße im zeitlichen Abstand von 15 Jahren.

Ecke Wrangelstraße / Falkensteinstraße im zeitlichen Abstand von 25 Jahren.

Milieuschutz wirkt vor allem im Zusammenspiel mit anderen Maßnahmen und Gesetzen.

Mit der Milieuschutzsatzung und einem Beschluss des Bezirksamtes auf Grundlage des § 15 der Baunutzungsverordnung im Rücken kann das Bezirksamt auch die Genehmigung für neue Gastronomiebetriebe in Wohngebieten ablehnen. So kann verhindert werden, dass statt Bizim Bakkal ein Café oder Restaurant aufmacht.

Seit März 2015 gilt in Milieuschutzgebieten außerdem ein Verbot der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen. Die Umwandlung von Mietwohnungen zu Eigentumswohnungen muss jetzt durch das Bezirksamt genehmigt werden. Das entspricht de facto einem Verbot, weil es das Ziel ist, Umwandlungen zu verhindern. Wenn der Antrag auf Begründung von Wohnungs- oder Teileigentum beim Grundbuchamt schon vor dem 3. März 2015 gestellt wurde, gilt das Verbot aber hierfür nicht. Für Bizim Bakkal und das Haus wurde der Antrag wohl leider schon vorher gestellt.

Siehe auch: „So will der Senat Mieter schützen“ in Berliner Zeitung

Interessant für den Milieuschutz ist auch das Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Verbot von Ferienwohnungen und Leerstand). Eine Wohnung darf nicht länger als sechs Monate leer stehen. Eine Ausnahme gibt es nur, wenn die Wohnung trotz geeigneter Bemühungen über längere Zeit nicht wieder vermietet werden konnte. Die Voraussetzungen für den Ausnahmefall müssen aber von den Eigentümern nachgewiesen werden.

Siehe auch: http://www.stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/zweckentfremdung_wohnraum/

Der Milieuschutz ist also kein Allheilmittel gegen Mietsteigerungen, er kann Kündigungen und und teure Neuvermietung nicht direkt verhindert. Er kann es aber für Eigentümer und potentielle Investoren schwierig und unattraktiv machen, den Weg von Entmietung, Verdrängung und Luxussanierung zu gehen.

Milieuschutz muss auch durchgesetzt werden.

Das Bezirksamt hat dafür viel zu wenig Personal und kann nicht kontrollieren, ob Eigentümer Baumaßnahmen ohne Genehmigung durchziehen oder Wohnungen leer stehen lassen. Es ist darauf angewiesen, dass Mieter*innen selbst aktiv werden und Hinweise geben. Hier sind die Kontaktdaten für das Sachgebiet Milieuschutz im Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg:

AnsprechpartnerIn

Frau Stark
Teamkoordinatorin Milieuschutz
Telefon:(030) 90298 2242
Fax: (030) 90298 2385

siehe auch: Milieuschutz im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg

Ein Kommentar zu “Milieuschutz im Wrangelkiez

  1. Gabriela Stangenberg

    Warum passiert nach 6 Monaten Leerstand nichts?
    Vorschlag in der Arbeitsgruppe Leerstand, den ich prima finde:
    Gesetzliche Legalisierung von Leerstandsbesetzungen wie in den Achtziger Jhren in Städten wie Amsterdam etc…. Unkomplizierte Ausgabe von Mietverträgen für die neuen NutzerInnen
    Verbot von spekulativem Leerstand endlich durchsetzen!!!